Bis zur nächsten Bundestagswahl dauert es höchstens noch ein Jahr, das Ansehen der Ampel befindet sich im Keller – da wollen Sozialdemokraten und Grüne offenbar wenigstens noch bei ihrer Stammwählerschaft Pluspunkte sammeln. Und so soll noch in dieser Legislaturperiode das Versprechen im Koalitionsvertrag, Abtreibungen zu legalisieren, eingelöst werden.
„Schwangerschaftsabbrüche auf Wunsch der Schwangeren sollen bis zur 12. Woche rechtmäßig und straffrei sein. Statt einer Beratungspflicht wollen wir ein Recht auf Beratung etablieren“, heißt es in einem vergangene Woche gefaßten Beschluß der Grünen-Bundestagsfraktion. Zudem sollen die Krankenkassen die Kosten für Abtreibungen übernehmen. In vielen anderen europäischen Staaten existierten bereits liberale Regelungen, „Deutschland hinkt dieser Entwicklung hin zu reproduktiven Rechten seit langem hinterher“, sind die Grünen überzeugt. Die Abgeordneten berufen sich dabei auf die Empfehlungen einer Sachverständigenkommission der Bundesregierung vom Frühjahr dieses Jahres (JF 17/24). Deren handverlesene Mitglieder hatten für eine „Entkriminalisierung“ plädiert.
Derzeit gilt der sogenannte Abtreibungskompromiß: Ein Schwangerschaftsabbruch ist rechtswidrig, bleibt aber bis zur zwölften Schwangerschaftswoche straffrei, sofern vor dem Eingriff eine dokumentierte Beratung stattgefunden hat. Ob es die von SPD und Grünen gewünschte Initiative zur Änderung dieser Rechtslage noch vor der nächsten Wahl in den Bundestag schafft, ist ungewiß. Denn neben der Opposition aus Union und AfD sind auch Teile der FDP für die Beibehaltung der jetzt geltenden Regelung.
Linksradikale mobilisieren schon für Gegenproteste
Heftige Kritik an den Vorstößen von SPD und Grünen übt der Gründer und Geschäftsführer der Schwangeren-Beratungsorganisation 1000plus-Profemina, Kristijan Aufiero: „Nichts an dem Vorhaben, die Paragraphen 218 und 219 im Strafgesetzbuch zu streichen, ist auch nur halbwegs vernünftig“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. „Die katastrophalen Folgen der demographische Krise Deutschlands und Europas verdichten sich. Mit diesem Argument wurden in den vergangenen Jahren Hunderte von Milliarden für Migration ausgegeben – mit gravierenden gesellschaftlichen Folgen und äußerst dürftigen volkswirtschaftlichen Ergebnissen.“ Gleichzeitig seien Grüne und SPD offenbar der Meinung, „daß wir noch nicht genug Abtreibungen in Deutschland haben.“ Der Chef der privaten und spendenfinanzierten Organisation, die Schwangeren in Konfliktsituationen beistehen und so ein „Ja“ zum Kind ermöglichen möchte, sieht in den Plänen ein „letztes ideologisches Aufbäumen wider die Realität“. Und die sehe so aus: „Ein Bruchteil der Mittel, die für Migration ausgegeben wurden, würde ausreichen, um Abertausenden Schwangeren in Not zu helfen, sich für ihre ungeborenen Kinder zu entscheiden.“
Alles in allem Anlaß genug für Lebensschützer, am kommenden Samstag beim Marsch für das Leben teilzunehmen. Die vom Bundesverband Lebensrecht (BVL) veranstaltete Demonstration unter dem Motto „Stark sein, Schwache schützen“ findet auch dieses Jahr wieder an zwei Orten gleichzeitig statt, vor dem Brandenburger Tor in Berlin und vor der Deutzer Werft in Köln. Inhaltlich geht es da nicht nur um den Lebensanfang, sondern auch das Ende. So plädiert die BVL-Vorsitzende Alexandra Linder gegen die assistierte Selbsttötung mit Blick auf Schwerstkranke und forderte stattdessen mehr Engagement für Palliativmedizin und Hospize.
Wie nicht anders zu erwarten, mobilisieren auch die Gegner des Marschs für das Leben. So ruft ein feministisches und antifaschistisches „Bündnis Pro Choice Köln“ zum Protest auf . Man wolle „ein Zeichen setzen für das Recht auf körperliche Selbstbestimmung sowie gegen religiösen Fundamentalismus und rechte Ideologie“. Im vergangenen Jahr hatten in der Domstadt etwa 2.800 Gegendemonstranten dafür gesorgt, daß der Marsch nur wenige hundert Meter weit kam (JF 39/23), indem sie die umliegenden Straßen blockierten – auch die auf der von der Polizei geplanten Alternativroute.
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