© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/24 / 05. Juli 2024

Filmkritik / Rheinsberg
Romantik frei nach Tucholsky
Werner Olles

Kurz nach der Jahrhundertwende fahren Claire (Cornelia Froboess) und ihr Freund Wolf (Christian Wolff), von ihr „Wölfchen“ genannt, in den Urlaub nach Rheinsberg. Claire möchte sich über ihre Zukunft klar werden, denn sie überlegt noch, ob der Journalist wirklich der Richtige für sie ist. Im Gasthaus angekommen, denkt sie daran zurück, wie Wölfchen und sie sich im Berliner Strandbad kennnenlernten. Zwar ist es keine Liebe auf den ersten Blick, aber sie sind sich sofort sympathisch und treffen sich schon bald regelmäßig.

Nachdem sie ein Wochenende in der Berliner Natur verbracht haben, stellt sie ihn ihren Eltern (Werner Hinz/Ehmi Bessel) als ihren neuen Lateinlehrer vor, der ihr ab sofort Nachhilfeunterricht erteilt. Allerdings weiß sie nicht recht, wie ihre junge Liebe weitergehen soll, da das ständige Versteckspielen ja auch keine Lösung sein kann.

Claires Hausmädchen Anna (Ruth Stephan) schlägt eine Reise nach Rheinsberg vor, wo sich Claire und Wölfchen als Ehepaar ein Zimmer nehmen. Die folgenden unbeschwerten Tage sind voller Verliebtheit, Leichtigkeit und Übermut; sie besuchen das Schloß Rheinsberg, gehen rudern, tanzen und machen eine Kutschfahrt. Als sich das Ende ihres Aufenthalts nähert, schenkt Wölfchen Claire ein Paket, das sie aber erst bei der Abreise öffnen darf. Doch im Zug fällt ihr ein, daß sie das Paket in ihrem Zimmer vergessen hat. Wölfchen schwört, sie nie wissen zu lassen, was darin enthalten war, denn „ohne Geheimnisse taugt das ganze Leben nichts“! Claire ist sich jedoch sicher, daß er es ihr in einem schwachen Moment verraten wird …

Kurt Hoffmanns („Ich denke oft an Piroschka“) Literaturverfilmung „Rheinsberg“ (1967) beruht auf Motiven der gleichnamigen Erzählung von Kurt Tucholsky, die 1912 erschienen ist. Regisseur, Drehbuchautor Herbert Reinecker, Komponist Hans-Martin Majewski und Kameramann Richard Angst gelang eine kleine, in einfachen, intim komponierten Bildern scheinbar leichthin erzählte Geschichte mit Rückblenden, deren Perspektivwechsel zu beachten sich lohnt. „Rheinsberg“ ist ein mit großer Diskretion inszenierter Film mit einem von Anfang an spielerisch-leichten, amüsierten und bisweilen ironischen Tonfall, der bis heute nichts von seinem Charme verloren hat. Für ihre komödiantische Leistung wurde Cornelia Froboess 1968 mit dem Ernst-Lubitsch-Preis ausgezeichnet.

DVD: Rheinsberg. Filmjuwelen 2024. Laufzeit etwa, 82 Minuten