© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/24 / 28. Juni 2024

Frisch gepresst

Nato-Abrechnung 1. 1990 als Major der Nationalen Volksarmee „verabschiedet“, konnte sich der habilitierte Militärhistoriker Lothar Schröter hinreichend mit militärpolitischen Gegenwartsfragen befassen. Davon zeugt eine große Zahl von Veröffentlichungen mit Schwerpunkt auf Geschichte und Politik der Nato und deren Führungsmacht. Auch sein jüngstes Werk, das sich dem Krieg in der Ukraine widmet, rückt das US-dominierte Verteidigungsbündnis in den Mittelpunkt der Untersuchung, um diesen Konflikt unter ehemaligen „Brudervölkern“ in den Zusammenhang eines „fundamentalen geostrategischen Umbruchs“ einzuordnen. Dabei versuchten die USA mit ihren Alliierten ihre globale Hegemonie gegen eine sich herausbildende „multipolare Welt“ zu behaupten. Der Krieg in der Ukraine, wo nicht erst seit 2022 die Nato-Ostfront verläuft, sei das erste blutige Schlachtfeld in diesem machtpolitischen Grundkonflikt, der keineswegs zur Verteidigung von „Freiheit, Demokratie und westlichen Werten“, sondern zwecks Ausschaltung Rußlands ausgetragen werde. Schröters auf breiter Quellenbasis ruhende, mit fast 700 Anmerkungen unterfütterte Analyse beleuchtet diesen vor allem von Deutschlands Medien orchestrierten Krieg zwar aus prorussischer Sicht, bietet aber trotzdem eine sachliche, faktensatte Darstellung, die nur von grün-schwarzen Kriegstreibern als „Putin-Propaganda“ diffamiert werden kann. (wm)

Lothar Schröter: Der Ukraine-Krieg. Die Wurzeln, die Akteure und die Rolle der Nato. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2024, gebunden, 347 Seiten, 32 Euro



Nato-Abrechnung 2. Von Beginn an ist die Nato vielen Linken ein Dorn im Auge. Ihrer Auffassung nach sei das Bündnis weder der reinen Verteidigung dienlich, noch wurde es der Eigenbezeichnung als „Wertegemeinschaft“ der Demokratien gerecht. Auch Sevim Dağdelen ist eine bekannte Nato-Kritikerin. Die Bundestagsabgeordnete des Bündnisses Sahra Wagenknecht im Bundestag will nun eine Abrechnung mehr wagen. In ihrem jüngsten Buch konzentriert sie sich zunächst auf den Ukraine-Konflikt und dessen Folgen. Unter anderem nennt sie die Auseinandersetzung einen Stellvertreterkrieg und beklagt, vor allem US-amerikanische und britische Politiker hätten mit ihrer Einmischung einen Frieden verhindert. Gleichwohl stellt sie den aktuellen Konflikt als Teil der langen Reihe der Nato-Verfehlungen dar. In diesem Kontext listet sie die Bombardierung Jugoslawiens 1999, die Förderung rechtsterroristischer Gruppen in Italien und Zusammenarbeit mit islamischen Autokratien auf. „Wir brauchen Frieden statt Nato“, so Dağdelens Schlußfolgerung. (kuk)

Sevim Dağdelen: Die Nato. Eine Abrechnung mit dem Wertebündnis. Westend Verlag, Frankfurt am Main 2024, broschiert, 128 Seiten, 16 Euro