Mitte 1944 stand die Welt vor einem finanzpolitischen Trümmerhaufen und benötigte dringend eine neue Währungsordnung. Das resultierte aus den Nachbeben der Weltwirtschaftskrise sowie der Finanzierung der Lasten des Ersten und Zweiten Weltkrieges durch hemmungsloses Drucken von Geld. Einen Ausweg aus der Misere sollte die United Nations Monetary and Financial Conference finden, welche vom 1. bis zum 22. Juli 1944 im illustren Mount Washington Hotel in Bretton Woods (US-Bundesstaat New Hampshire) abgehalten wurde und an der 730 Delegierte aus 44 Ländern teilnahmen. Dabei verfolgten die beiden westlichen Führungsmächte der Anti-Hitler-Koalition USA und Großbritannien gegensätzliche Interessen, weil sich ihre Lage ganz unterschiedlich darstellte: Die USA waren aufgrund von Waffenverkäufen und Rüstungskrediten zum weltweit größten Gläubiger avanciert, während Großbritannien, der langjährige währungspolitische Hauptkonkurrent der Vereinigten Staaten, kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stand. Deshalb präsentierten Washington und London auch zwei divergierende Konzepte zur Reform des Weltwährungssystems.
Der prominente britische Ökonom John Maynard Keynes forderte mit Blick auf das Handelsdefizit des Empire flexible Wechselkurse und die Schaffung einer internationalen Verrechnungseinheit namens Bancor. Denn nur so hätten die einzelnen Volkswirtschaften hinreichenden geldpolitischen Spielraum, beispielsweise bei nötigen Abwertungen. Hingegen plädierte Harry Dexter White, die rechte Hand des US-Finanzministers Henry Morgenthau – und wie sich dann später herausstellte, auch ein Agent Moskaus –, für weitestgehend feste Wechselkurse, wobei der US-Dollar als weltweite Leit- beziehungsweise Ankerwährung fungieren sollte. Im Gegenzug versprachen die Vereinigten Staaten, daß der Dollar jederzeit zu einem Garantiekurs von 35 Dollar pro Feinunze in Gold umgetauscht werden könne. Und tatsächlich setzte sich der nach sowjetischem Vorbild planwirtschaftlich denkende White, welcher auch die volle Rückendeckung des überzeugten Interventionisten Franklin D. Roosevelt besaß, am Ende durch, was Keynes dazu veranlaßte, die Konferenz als „Affenhaus“ zu bezeichnen.
Der Erfolg von White besiegelte den Untergang Großbritanniens als Weltmacht. Allerdings hatte sein Gegenspieler nie eine reale Chance gehabt, gegen den US-Unterhändler anzukommen, denn London war weiterhin auf die Kriegskredite Wa-shingtons angewiesen, die es dann letztlich bis zum Jahre 2006 abbezahlen mußte. Außerdem zogen die USA viele der kleineren Teilnehmerstaaten der Konferenz von Bretton Woods auf ihre Seite, indem sie großzügige Wirtschaftshilfen ankündigten, von denen später aber vielfach nur leere Versprechungen blieben. Die dominierende Rolle der Vereinigten Staaten zeigte sich in der Folgezeit auch in dem Umstand, daß Washington die beiden neugeschaffenen Institutionen zur Gewährleistung des Funktionierens der neuen Finanzordnung kontrollierte. Das waren die Weltbank (International Bank for Reconstruction and Development) und der Weltwährungsfonds (International Monetary Fund).
Später hieß es oft, in Bretton Woods sei der Grundstein für Wachstum und Wohlstand nach dem Zweiten Weltkrieg gelegt worden. Tatsächlich jedoch war der Aufschwung sehr viel eher eine Folge des Siegeszuges der sozialen Marktwirtschaft in der freien Welt. Im Gegensatz dazu förderte das Bretton-Woods-System die Inflation und untergrub das Vertrauen in den US-Dollar. Denn der expandierende Welthandel, welcher auf der US-Währung basierte, erforderte ein ständiges Anwachsen der Dollarmenge. Außerdem brachten die Vereinigten Staaten auch immer mehr Dollars in Umlauf, um ihre militärischen Abenteuer zu finanzieren.
Golddeckung des US-Dollar mußte US-Präsident Nixon 1971 aufgeben
Vor diesem Hintergrund wurde die Zusicherung des unbeschränkten Umtauschs in Gold zunehmend unglaubwürdig. Dennoch spielten die Verbündeten der USA zunächst weiter mit, bis der französische Staatspräsident Charles de Gaulle 1965 anordnete, die Dollar-Reserven der Grande Nation in Gold umzutauschen und die Barren per U-Boot nach Frankreich zu verschiffen. Damit läutete er das faktische Ende des Bretton-Woods-Systems ein, wobei dessen endgültiger Zusammenbruch aber erst im Verlaufe der 1970er Jahre erfolgte.
Die erste große Zäsur in diesem Prozeß resultierte aus dem Entschluß des US-Präsidenten Richard Nixon vom 15. August 1971, die nominale Goldbindung der Währung der Vereinigten Staaten aufzuheben. Zu diesem Zeitpunkt lag der Wert der Goldreserven in Fort Knox nur noch bei zwölf Milliarden Dollar, während die Bretton-Woods-Staaten ihrerseits über 50 Milliarden Dollar horteten. Und dann beschlossen im März 1973 mehrere europäische Staaten, darunter auch die Bundesrepublik, den Dollar nicht länger zu stützen und die Fixierung ihrer Währungen am Dollar aufzuheben. Damit waren die Vereinbarungen von Bretton Woods hinfällig. Angesichts dieses Scheiterns und der aktuellen Höhe der US-Staatsverschuldung ist die heute gelegentlich erhobene Forderung nach einem „neuen Bretton Woods“ nachgerade absurd.
Foto: US-Finanzminister Henry Morgenthau (l.) vor internationalen Delegierten auf der Konferenz von Bretton Woods 1944: John Maynard Keynes schimpfte später auf das „Affenhaus“