© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/24 / 28. Juni 2024

Ukrainische Geschichte in deutschen Schulbüchern
Sowjetische Stereotype

Im Befehlston verlangen die ukrainischen Historiker Maria Kovalčuk und Yuri Sapoval, ihr Heimatland möge endlich den ihm gebührenden Platz auf Deutschlands politischer Landkarte erhalten. Daher müsse deutschen Schülern nun ein Geschichtsbild vermittelt werden, das die Ukraine als souveräne Nation zeigt. Die von ihnen untersuchten, zwischen 2000 und 2021 erschienenen Schulbücher der drei großen Verlagsgruppen (Westermann, Cornelsen, Klett) erfüllen diesen pädagogischen Auftrag bisher nicht (Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 3/4–2024). Immer noch prägten hergebrachte sowjetische Stereotypen die Darstellungen der ukrainischen Geschichte von 1917 bis zum Beginn von „Rußlands imperialem Krieg 2014“. So habe sich der ukrainische Begriff „Holodomor“ für die „Rote Apokalypse“, die von Stalin ausgelöste Hungerkatastrophe 1931/32 mit fast 3,7 Millionen ukrainischen Opfer, erst ab 2018 in Schulbuchtexten durchgesetzt. Und noch 2020 fand sich dort der Begriff „Rußlandfeldzug“, obwohl die Epizentren der von Wehrmacht heimgesuchten „Bloodlands“ in Weißrußland und der Ukraine lagen. Zugleich werde an der von Moskau vorgegebenen „Russifizierung“ des Sieges über NS-Deutschland festgehalten, obwohl die Rote Armee sich zu einem Drittel aus der nichtrussischen Sowjetbevölkerung rekrutierte. (ob)  www.friedrich-verlag.de