© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/24 / 28. Juni 2024

Zeitschriftenkritik: Die Neue Ordnung
Abwehrrechte gegen den Staat
Werner Olles

Redaktionsleiter Wolfgang Hariolf Spindler spricht in seinem Vorwort „Grundgesetzmäßigkeiten“ der aktuellen Ausgabe der zweimonatlich erscheinenden Zeitschrift Die Neue Ordnung Tacheles. Allen Ernstes feiere man in der zum postdemokratischen „Hippiestaat“ (Anthony Glees) mutierten Republik pflichtgemäß nicht nur das Grundgesetz, sondern auch „75 Jahre Meinungsfreiheit“, als ob es die nie zuvor gegeben habe. Dahinter stecke die Idee, Grundrechte würden vom Staat verliehen wie eine Auszeichnung, weshalb nach deren eiskaltem Entzug Politiker davon sprachen, sie nach „Corona“ den Bürgern „wieder zurückzugeben“. Dabei hätten die Regierenden wohl vergessen, daß Grundrechte im Indikativ stehen und sich nicht an Bürger, sondern an den Staat richten. „Nur der hat sie zu beachten.“

Auf „Begriffe und Positionen“ des Grundgesetzes geht der Philosoph und Historiker Peter Hoeres ein. Zur Sprache kommen dabei nicht allein dessen „provisorischer Charakter“, sondern auch die unterschiedlichen Einflüsse der politischen Parteien und vor allem die Vorgaben der westlichen Alliierten. So optierte der einflußreiche Gefolgsmann Adenauers, Adolf Süsterhenn, gegen einen „liberalen Rechtsstaatbegriff“, den der Liberale Theodor Heuss in der Tradition Hegels verfocht, während die SPD eher den Menschenrechten der Aufklärung verpflichtet war. Tatsächlich ratifizierte das bayrische Parlament wegen des zu wenig ausgeprägten föderalistischen Charakters dieses später nicht, die Abgeordneten der KPD, der rechtskonservativen Deutschen Partei und des katholischen Zentrums stimmten dagegen. Die Medien gingen harsch mit der „Verfassung-als-ob“, die eben „keine volle politische Freiheit“ ermögliche (Die Zeit), um. Der Spiegel schrieb, daß Deutschlands Militärregenten neun Monate mit Mahnung, Warnung und versteckter Drohung hinter den Räten gestanden hätten: Herausgekommen sei „kein Werk schöpferischer Phantasie, man sei „kein wirklich freies Volk, es werde kaum eine westdeutsche Verfassung geben, in der das deutsche Volk so unmittelbar von der Staatsgewalt ausgeschlossen ist wie hier, (und) möglicherweise müßte die Freiheit auch gegen sogenannte demokratische Parteien geschützt werden.“ Hoeres nennt dies einen „geradezu erschreckend aktuellen Satz“ und listet Beispiele auf für Umdeutungen des Grundgesetzes durch den Gesetzgeber und das Bundesverfassungsgericht.

Weitere Beiträge befassen sich mit „Konservativer Kritik an Grundgesetz und ‘Formaldemokratie’ in der frühen Bundesrepublik“ (Felix Dirsch), der politisch-korrekten Jagd auf den populären Autor Otfried Preußler (Felix Hornstein) und der „Kritik eines sozialstaatlichen Interventionismus“.

Kontakt: Verlag Franz Schmitt, Postfach 1831, 53708 Siegburg. Das Einzelheft kostet 7 Euro, ein Jahresabo 35 Euro. www.die-neue-ordnung.de