Wenn Pop immer ein Medium der Vergemeinschaftung ist, welche Art der Vergemeinschaftung findet dann rund um den größten Popstar der Gegenwart statt?“ Diese Frage nach der Massenwirkung von Taylor Swift (34) treibt den Autor und Radiomacher Klaus Walter (69) auch deshalb um, weil sie inzwischen sogar den akademischen Betrieb rund um den Globus beschäftigt. So bietet etwa die Universität Gent einen Kurs zu ihren Songtexten an, um zu klären, ob Swift ein „literarisches Genie“ ist. An der Uni Melbourne ergründet ein „Swiftposium“, wie die Sängerin mit ihrem auf eine Milliarde Dollar taxierten Musikkonzern Wirtschaft, Gesellschaft und Literatur beeinflußt. Daß sie es tut, belegt der im vorigen Herbst in US-Medien ernsthaft diskutierte Vorschlag aus der Popszene, allein Taylor Swift könne die „Gespaltenen Staaten von Amerika“ einen – als Präsidentin. Sie sollte daher gegen Donald Trump antreten. Für Klaus Walter sind das Symptome einer „Swiftomania“, die sich eine Mehrheit der von ihm per Facebook konsultierten Musikkritiker aus der Rock- und Popszene, „alte weiße Männer“ wie die ebenfalls befragten Philosophen Peter Sloterdijk (76) und Slavoj Žižek (74), mit der Sehnsucht nach einem „normalen All American Idol“ erklären. Nach einer Figur ohne Migrationsgeschichte, ohne Sklavenvergangenheit, ohne historischen Ballast, aber doch mit gewissen Standards an Feminismus und Antirassismus. Darum besetze Taylor Swift die lange vakante Position eines weißen Mainstream-Superstars in Zeiten zersplitternder Gesellschaften. Große Teile davon finden sich alters- und klassenübergreifend immer noch im „Starcontainer“ Swift zusammen (Merkur, 3/2024). (dg) www.merkur-zeitschrift.de