© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/24 / 28. Juni 2024

EU nimmt neuen Anlauf auf Chatkontrolle
Überwachung der Massen
Ronald Gläser

Zwei Jahre lang war Ruhe, aber jetzt ist der Plan für eine Chatkontrolle wieder da. Wie so oft in der EU geht die Kommission nach dem Jean-Claude-Juncker-Prinzip vor. Etwas beschließen und abwarten. Wenn nichts geschieht, „weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter“, so der frühere Kommissionschef.

Das Vorhaben ist monströs: Staatliche Stellen sollen automatisch Zugriff auf jedermanns private Kommunikation in Nachrichtendiensten wie Telegram oder Whatsapp erhalten. Ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluß, sondern aufgrund eines Generalverdachts des digitalen Kindesmißbrauchs. Gegen jeden einzelnen EU-Bürger!

Zu diesem Zweck sollen alle Nachrichten auf Nackt-Bilder überprüft werden. Vielleicht gut gemeint, aber das Mißbrauchspotential ist auf den ersten Blick gut erkennbar. Eine illustre Koalition aus Regierungen unterstützt dieses Vorhaben. Nur Deutschland und Polen waren zuletzt dagegen, eine Handvoll Länder wollte sich enthalten. Die Zweidrittelmehrheit für diese Mega-Überwachungsmaßnahme konnte gerade noch verhindert werden. Doch die Befürworter dieser Big-Sister-Dystopie werden nicht lockerlassen. Sollten sie sich dank der ungarischen Ratspräsidentschaft doch noch durchsetzen, ist es an uns Bürgern, dieses Vorhaben zu verhindern. Durch Appelle an die Vernunft der EU-Abgeordneten und gegebenenfalls durch einen Gang nach Karlsruhe gegen diese verfassungswidrige Einschränkung unseres Briefgeheimnisses.