Der Jurist Max Adler (1873–1937), Professor für Soziologie in Wien, Chefideologe des Austromarxismus, hat für Richard Saage so umfassend wie kein anderer deutschsprachiger Autor auf den Ersten Weltkrieg reagiert (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 12/2023). Ob der emeritierte Berliner Politologe da korrekt zählt, mag zu bezweifeln sein, doch an Originalität ist Adlers Kriegspublizistik im Vergleich zu der seiner Genossen kaum zu übertreffen. Nicht nur weil er einen „dritten Weg“ zwischen bedingungsloser Ablehnung des Krieges und seiner seit dem 1. August 1914 auch in der deutschen wie österreichischen SPD um sich greifenden kategorischen Befürwortung einschlug. Sondern weil Adler in Auseinandersetzung mit dem linksliberalen Berliner Staatsrechtler Hugo Preuß, einem der Väter der Weimarer Reichsverfassung von 1919, die „Sonderentwicklung des preußisch-deutschen Obrigkeitsstaats“ als ursächlich für die internationale Isolierung des Kaiserreichs und dessen „Flucht in den Krieg“ erkannt habe. Denn im Reichstag schaltete die Regierung die Parlamentarier als Repräsentanten des Volkes permanent aus, förderte damit die Entpolitisierung der Deutschen und verhinderte die westlichen Vorbildern folgende „innerliche“ Wandlung vom Untertanen- zum Staatsvolk. (ob) https://metropol-verlag.de