© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/24 / 21. Juni 2024

Für die Künstliche Intelligenz braucht man viel Strom und Nvidia-Chips
Hochgesteckte Erwartungen
Thomas ­Kirchner

Mit Chips für Computerspiele legte der 1963 geborene Nvidia-Gründer Jen-Hsun Huang zusammen mit Chris Malachowsky und Curtis Priem 1994 in Kalifornien los. 1999 kam der erste G-Force-Chip auf den Markt und 2011 wird der einmilliardste  Grafikprozessor ausgeliefert. Dann stellte sich heraus, daß die für Bildschirme zuständigen Chips sich auch bestens für komplexe Berechnungen wie bei Kryptowährungen eignen. So konnte Nvidia vom Kryptoboom profitieren, die Marktkapitalisierung stieg 2018 auf 170 Milliarden Dollar. Und auch für die Künstliche Intelligenz (KI) braucht man Nvidia-Chips.

Auf 3,2 Billionen Dollar kletterte der Firmenwert– Nummer drei hinter Apple und Microsoft, aber deutlich vor dem Nächstplazierten Google. Zeitweise war Nvidia sogar Nummer zwei. Für die Euphorie gibt es gute Gründe. 262 Prozent Umsatzwachstum in einem Jahr kennt man nur von kleinen Neugründungen. Bei denen mangelt es dann an Profitabilität, und auch dabei ist Nvidia ein Ausreißer: 629 Prozent Gewinnwachstum in einem Jahr. Zwar beträgt der Quartalsgewinn nur 15 Milliarden Dollar, doch selbst wenn die Wachstumsraten sinken, bleibt dem Unternehmen viel Zeit, in seinen Marktwert hineinzuwachsen.

Doch wer kauft die Produkte? Nur für Nvidias High-End-Chip sind über 10.000 Euro fällig. Der Stromverbrauch beträgt bis zu 700 Watt. 1,5 bis zwei Millionen Stück sollen in diesem Jahr verkauft werden mit einer Bruttomarge von 75 Prozent. Installiert werden die Chips in spezialisierten Rechenzentren wie Amazon Web Services, Microsoft Azure und Snowflake. Das in Montana beheimatete Unternehmen kann trotz seiner relativ späten Gründung 2012 mit den zwei Großen mithalten. Snowflake hat für Anleger den Vorteil, daß es sich auf Rechenzentren spezialisiert, während die anderen beiden Platzhirsche andere Geschäftsbereiche haben, die den Erfolg der Datenzentren verwässern. Das dürfte der Grund sein, weshalb die 93jährige Anlagelegende Warren Buffett sich bei Snowflake und Nvidia eingekauft hat. Nvidia hat inzwischen selbst diesen Markt entdeckt und betreibt Rechenzentren mit den eigenen Chips.

KI gilt gemeinhin als eine Schlüsseltechnologie, muß aber noch beweisen, daß sie die hochgesteckten Erwartungen erfüllen kann. Es wäre nicht die erste Neuerung, die als Tiger losspringt und als Bettvorleger landet. Die Bewertungen der KI-Unternehmen sind so hoch, daß nichts schiefgehen darf. So hoch sind die Erwartungen, daß KI inzwischen zu einem Politikum geworden ist. Seit September 2022 verbietet Joe Biden den Export der leistungsstärksten Nvidia-Chips nach China und Hongkong. Daher bauen chinesische Anbieter im malaysischen Bundesstaat Johor direkt an der Grenze zu Singapur Datenzentren. Angeblich, um damit den Markt in Singapur zu bedienen. Doch jeder weiß, daß über diesen Umweg chinesische Kunden bedient werden sollen. Die kommen so in den Genuß der Nvidia-Technologie, ohne daß die Chips nach China exportiert werden. Huang selbst ist in Taiwan geboren. Bei einer Geburt in der Volksrepublik würde Nvidia härter in die Mangel genommen.

Schätzungen zufolge wird wegen des hohen Energiebedarfs der KI-Rechenzentren der Strombedarf allein in den USA in den nächsten Jahren um bis zu 30 Prozent steigen. Angesichts der Energiewende und der Lage der deutschen Stromversorgung ist klar, daß wieder einmal eine Spitzentechnologie weitgehend unter Ausschluß Deutschlands ausgebaut wird.