© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/24 / 14. Juni 2024

Frisch gepresst

Kommerzialisierung. Der Sportjournalist Christoph Biermann schreibt seit Jahrzehnten für diverse eher linke Blätter über Fußball, seit 2010 für das einschlägige Magazin 11 Freunde. Seine Kritik an den Auswüchsen dieses Sports als Milliardengeschäft, bei dem mittlerweile Oligarchen, reiche Scheichs und sogar Hedgefonds Renditen wittern, steht im Fokus seiner „wahren Geschichte des modernen Fußballs“, die Biermann 1992 beginnen läßt. Damals symbolisierten gleich drei Ereignisse die danach einsetzende galoppierende Kommerzialisierung: die Einführung der Uefa Champions League, die Gründung der Premier League in England als künftig finanzkräftigste Liga der Welt und nicht zuletzt der Erwerb des Privatfernsehens mit Leo Kirch an den Verwertungsrechten für die Bundesliga. Bis zum „Ende der Geschichte des Fußballs“, die Biermann mit der Einführung der lukrativen, aber öden Super League 2021 terminiert, die dann doch nicht zustande kam, weil einige der ausgewählten europäischen Topclubs mit einem Anflug von Restanstand die Fußballfans nicht vollends vor den Kopf stoßen wollten, geht der Autor auch auf Entwicklungen am Rande ein. Dazu gehört etwa die seit Mitte der 1990er Jahre einsetzende Dominanz der Ultra-Fankultur oder deutsche Eigenarten wie die „50-plus-Eins-Regel“ oder der in unseren Sportarenen zumindest nicht gänzlich verlorene Kampf um die Stehplätze. (bä)

Christoph Biermann: Um jeden Preis. Die wahre Geschichte des modernen Fußballs bis heute. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2024, broschiert, 253 Seiten, 13 Euro




König Fußball. Die Liebe zum Fußball begleitet den Autor Peter Hain sein ganzes Leben. 1954 sitzt er als Halbwüchsiger vor dem kleinen Fernseher einer Gaststätte und darf miterleben, wie Kapitän Fritz Walter Deutschland zum ersten Weltmeistertitel führt – der Gründungsmythos der deutschen Fußballnation. Heute ist der schwarzrotgoldene Lieblingssport in den Händen von Politik und Kommerz, die Nationalmannschaft steckt seit Jahren in der Krise. Hilft nur noch Nostalgie? Jein, lautet Hains Antwort. Einerseits hält er in seinem Buch die Erinnerung an Walter, den Fußballpionier Walther Bensemann oder DDR-Idol Klaus Urbancyzk am Leben, weil es an Vorbildern und Traditionsbewußtsein mangelt. Andererseits richtet er den Blick auf die Gegenwart und versucht zu ergründen, was in der Welt von DFB, DFL und Fifa schiefläuft und welche Veränderungen notwendig sind. Auch der anstehenden Europameisterschaft widmet er zwei Kapitel. Wie weit die DFB-Elf kommt, wagt er nicht zu prognostizieren, wünscht sich aber für die Zeit nach dem Turnier einen neuen Trainer an der Seitenlinie: Vielleicht Jürgen Klopp? (fh)

Peter Hain: Der Fan, der Fritz Walter weinen sah. Glanz und Elend der Fußballnation. Ein Politikum. Selbstverlag, Bad Dürkheim 2024, broschiert, 256 Seiten, 22 Euro