© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/24 / 14. Juni 2024

„Typen“ mit Sendungsbewußtsein dominieren den linken Journalismus
Goldenes Zeitalter der Erklärbären

Frauen sind auch in linken Medien unterrepräsentiert. Selbst das linksgrüne Zentralorgan taz, wo die redaktionellen Machtpositionen zu zwei Dritteln mit Frauen besetzt sind, hat nur einen Autorinnenanteil von 28 Prozent, während der Durchschnitt in deutschsprachigen linken Redaktionen bei 40 Prozent liegt. Nach Einschätzung  der Redakteurinnen Nelli Tügel vom feministischen Magazin Analyse und Kritik (AK), Tanja Röckemann (ND), Elena Wolf (Konkret) und Lea Susemichel (Anschläge) sei der journalistische Feminismus zwar auf dem Vormarsch. Aber davon profitierten überwiegend nur Frauen, die auf „weiche Themen“ wie Popkultur und „Kulturkrams“ im weitesten Sinn spezialisiert sind. Die meisten Journalistinnen mußten hingegen registrieren, wie  bereits mit Beginn der Corona-Pandemie das goldene Zeitalter männlicher „Großerklärer“ anbrach. Und dann „natürlich ganz kraß: der Ukraine-Krieg“, lamentiert Tügel. Zu Krieg und Geopolitik bekäme AK zu 95 Prozent Texte von Männern angeboten. Auch bei den redaktionellen Meinungskolumnen würden sich vom Corona-Experten zum Kriegsanalysten mutierte „Cis-Männer“ stets das Gros der Kommentare sichern. „Je härter und größer die Themen, desto stärker zeigt sich dieses Phänomen“, klagt Susemichel. Männer („Typen“) produzieren nach Ansicht Wolfs deshalb gern zur „großen Politik“, weil ein „höheres Sendungsbewußtsein“ sie antreibe, während Frauen „nicht so den Drang danach verspüren, Anerkennung im Außen zu bekommen“. Doch solche Urteile seien spekulativ, da es kaum Studien zu linken Männlichkeitsvorstellungen und zum Frauenbild in der Linken überhaupt gebe (Konkret, 6/2024). (ob)    www.konkret-magazin.de