In Frankreich schlagen die Wogen nach der EU-Wahl hoch. Der junge Vorsitzende des Rassemblement National (RN) Jordan Bardella hatte gerade mit mehr als 31 Prozent der Stimmen ein historisches Ergebnis erzielt, um in Brüssel und Straßburg eine „Reihe von politischen Maßnahmen blockieren zu können“. Zwar hatte der RN bereits bei den Europawahlen 2019 23 Prozent der Stimmen erzielt, doch lag er nur einen Punkt vor der Liste des Präsidenten. Diesmal erhielt der RN doppelt so viele Stimmen wie das Bündnis von Emmanuel Macron. „Unsere Landsleute haben den Wunsch nach Veränderung ausgedrückt. Ein bläst ein Wind der Hoffnung über Frankreich und er fängt gerade erst an!“, erklärte Bardella und fuhr fort: „Frankreich kehrt zurück, Europa lebt auf“.
Auch Marine Le Pen, Vorsitzende der RN-Fraktion in der Nationalversammlung, dankte dem französischen Volk, daß es die Liste des RN auf ein historisches Niveau gehoben habe. Dies sei eine ganz klare Botschaft der Wähler: „Sie wollen keinen technokratischen europäischen Superstaat mehr, der brutal seine Geschichte leugnet, unsere grundlegenden Vorrechte mißachtet und einen Verlust an Einfluß, Identität und Freiheit zur Folge hat.“
Auch Éric Zemmour, Gründer der rechten Partei Reconquête, freute sich über die fünf Sitze (5,5 Prozent) im EU-Parlament, dankte seinen Wählern und fuhr fort: „Heute abend stieg eine Welle in Europa, in Italien, in Spanien, in Holland, Polen, in Schweden. Die Rechte, die gewinnt, ist diejenige, die gegen die Islamisierung unserer Länder, gegen den Wokismus, für die Verteidigung der Identität der Nationen, für die Rückkehr des Wohlstands in einer freien Wirtschaft kämpft.“
Sieg des Rassemblement National als Modell für andere Rechte
Doch während der RN nun mit 30 Sitzen in der rechten Fraktion Identität und Demokratie (ID) vertreten ist, die kurz vor der Wahl die AfD ausgeschlossen hatte und gegenüber der Wahl 2019 neun zusätzliche Sitze (insgesamt 58 Sitze, plus neun) ergatterte, ist Reconquête in der anderen Rechtsfraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR; 73 Sitze, plus vier) eine eher kleine Nummer. Hier dominieren Giorgia Melonis Fratelli d’Italia mit 24 Sitzen (plus 14 Sitze) und die polnische PiS mit 20 Sitzen (minus fünf Sitze). Meloni freute sich darüber, daß Fratelli d’Italia als erste italienische Partei bestätigt wurde und das Ergebnis der letzten EU-Wahl weit übertroffen hat. „Italien kann sich in der G7 und in Europa mit der stärksten Regierung von allen präsentieren“, betonte Meloni staatsmännisch. Dagegen brachte der Vorsitzende der polnischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jarosław Kaczyński, Angaben von Euronews zufolge, seine Ablehnung gegenüber der Europäischen Union zum Ausdruck, unmittelbar nachdem er am Sonntag in Warschau seine Stimme abgegeben hatte. In einer improvisierten Pressekonferenz erklärte er, daß er zwar glaube, daß die Zugehörigkeit zur EU für das osteuropäische Land mit 36,8 Millionen Einwohnern wichtig sei, der Block aber „eine Union gleichberechtigter Staaten“ sein sollte. „Sie ist für uns aus wirtschaftlichen Gründen wichtig, aber sie darf kein Versuch sein, den deutsch-französischen Imperialismus wieder aufzubauen“, so Kaczyński.
In die gleiche Kerbe schlug die polnische Rechtspartei Konfederacja, die sich bis dato noch nicht in einer EU-Fraktion befindet: „Wir belegen den dritten Platz und verbuchen den größten Erfolg in der Geschichte unserer Gruppe! Unsere Abgeordneten im Europäischen Parlament werden die polnischen Interessen mit aller Kraft verteidigen und die Polen gegen den EU-Wahnsinn verteidigen! Wir werden Sie nicht enttäuschen!“ Mit sechs Sitzen im neuen EU-Parlament ist die Konfederacja nun eine begehrte Partei auf dem Markt der beiden konkurrierenden Rechtsfraktionen.
Denn kaum war die Wahlschlacht geschlagen, geht das große Geschacher um die Konfederacja, die Chega (Portugal), die Wiedergeburt (Bulgarien), die slowakische Republica, die zyprische Nationale Volksfront (Elam), Lettland zuerst oder die neue griechische Rechtspartei von Afroditi Latinopoulou, Foni Logikis. Primus inter pares ist hier die ungarische Fidesz-Partei von Premier Viktor Orbán, jedoch nicht die deutsche AfD.
„Brüssels Politik führt in eine selbstmörderische Katastrophe“
Die Fidesz-Partei büßte im Vergleich zur EU-Wahl 2019 zwei Sitze ein und belegt nun zehn Sitze. Die Friedenskräfte hätten in Europa gesiegt, erklärte Orbán im Fernsehsender M1. Die EU-Wahlen seien eine Chance, das Abdriften in den Krieg zu verlangsamen. „Wenn wir sie aus diesem Blickwinkel betrachten, ist das passiert, was wir wollten“, so der Ministerpräsident. In Frankreich sei dieser Prozeß sogar gestoppt worden. Dort hätten die Friedenskräfte einen so starken Sieg errungen, daß Neuwahlen zum Parlament angesetzt wurden.
„Der Anfang ist gelungen: Die FPÖ hat erstmals bei einer bundesweiten Wahl Platz eins errungen. Ein historischer Erfolg also. Wir haben um mehr als acht Prozentpunkte zugelegt und die Zahl der Mandate auf sechs verdoppelt, die wir künftig im EU-Parlament einnehmen werden“, freute sich der freiheitliche EU-Abgeordnete Harald Vilimsky, der mit seiner Partei in der ID-Fraktion sitzt. Die beiden Rechtsfraktionen im EU-Parlament hätten „deutlich zugelegt“. Jetzt gehe es darum, „auszuloten ob und wie wir uns neu zusammenfinden wollen. Unsere Linien sind klar: gegen die illegale Massenzuwanderung, für eine EU mit weniger Bürokratie und Kompetenzen zurück an die Mitgliedsländer, Stopp des Green Deal. Wer auf dieser Linie liegt, ist uns ein willkommener Partner für einen Kurswechsel in Brüssel.“
„Wir müssen zusammenarbeiten, um diese EU vor sich selbst zu retten“, erklärte der spanische EU-Abgeordnete Hermann Tertsch (Vox) gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Der von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen 2019 eingeschlagene Weg führe in eine selbstmörderische Katastrophe. „Es gab sicher einen positiven und nicht kleinen Rechtsruck, aber nicht im nötigen Ausmaß, um die EVP, die ja überraschend gestärkt wurde, zu zwingen, eine konsequente konservative Politik zu machen und die Komplizenschaft mit der progressiven grünen und freiheitsfeindlichen sozialistischen Politik zu brechen“, so Tertsch.
Grafiken siehe JF PDF Ausgabe
Foto: Die Rassemblement-National-Politiker Marine Le Pen und Jordan Bardella: Glücklich über den Sieg ihrer Partei bei der EU-Wahl und die Schwächung von Präsident Emmanuel Macron