Die illegale Migration stellt auch die USA vor immer größere Probleme. Aufgrund neuer Höchstzahlen sah sich Präsident Joe Biden Mitte vergangener Woche gezwungen, ein neues Dekret zu erlassen: Demnach dürfen ab sofort, wenn es durchschnittlich mehr als 4.000 illegale Grenzübertritte pro Tag gibt, nur noch maximal 2.500 Personen täglich in die Vereinigten Staaten einreisen. Alle anderen werden, so jedenfalls die Pläne Bidens, umgehend wieder nach Mexiko zurückgeschickt.
Aufgehoben werden soll das Verbot, wenn die Zahl der illegalen Einreisen auf unter 1.500 Personen pro Tag fällt. Allerdings blieben etliche Fragen zur Umsetzbarkeit des Dekrets offen. So verlassen sich die USA bei den Abschiebungen etwa auf Mexiko. Zudem gibt es Zweifel daran, ob das aktuell bewilligte Geld für die zusätzliche Arbeit des Grenzschutzes ausreicht. Weitere Hilfen vom Bund müßte der Kongreß freigeben – und da dürften die Republikaner kaum zustimmen, die die Entscheidung Bidens als „Wahlkampfstunt“ ansehen.
Die Probleme in dieser Region haben sich in den vergangenen Monaten massiv verschärft. Wie das Online-Portal Statista schreibt, wurden im April dieses Jahres 179.725 Einwanderer beim Versuch, illegal von Mexiko in die USA einzureisen, inhaftiert– also knapp 6.000 Menschen täglich. Die Zahl der festgenommenen illegalen Migranten an der südwestlichen Grenze der USA ist in den Berichtsjahren 2021 bis 2023 erheblich gestiegen. 2023 wurden vorläufig knapp 2,5 Millionen Menschen inhaftiert, während es 2021 noch rund 1,9 Millionen Personen waren. Da in diesen Zahlen nur noch die aufgegriffenen illegalen Grenzüberschreitungen enthalten sind, dürfte die wirkliche Zahl bedeutend höher liegen.
Politische Analysten, wie auch der Kommentator des Fernsehsenders CNN Paul Reyes, sehen in dieser Entscheidung Bidens ein rein wahlopportunistisches Manöver. Die illegale Migration aus Mexiko ist nämlich neben dem Krieg in der Ukraine das Thema, das die US-Wähler am meisten bewegt. Wie eine vor wenigen Monaten durchgeführte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab, halten 49 Prozent der Amerikaner die illegale Einwanderung für ein sehr ernstes Problem.
Republikaner fordern eine konsequentere Abschiebungspolitik
Von den Republikanern sagen dies 77 Prozent, von den Unabhängigen 44 Prozent, während nur 29 Prozent der Demokraten dem zustimmen. Eine Mehrheit der Amerikaner, genauer gesagt 36 Prozent, ist auch der Meinung, daß die Einwanderung allgemein den USA mehr schade als nutze. 32 Prozent sind der Meinung, sie mache die Vereinigten Staaten besser, während jeder fünfte sagt, es mache keinen Unterschied.
Auch hier gibt es zwischen den Lagern große Meinungsverschiedenheiten. Während 55 Prozent der Demokraten positiver Meinung sind, sind es bei den Republikanern 14 Prozent und bei den Unabhängigen 25 Prozent. Besonders interessant: Der Anteil der Amerikaner, die glauben, daß die Einwanderung die USA besser macht, ist seit Juli 2022 um zehn Prozentpunkte gesunken. Damals waren 42 Prozent dieser Meinung.
Dennoch sind die Proteste gegen das Dekret Bidens groß. Kritik erntete er auch aus seiner eigenen Partei. Die demokratische Abgeordnete Pramila Jayapal sprach von einem „gefährlichen Schritt in die falsche Richtung“. Das Recht, Asyl zu beantragen, sei in den US-Gesetzen und den internationalen Vertragsverpflichtungen des Landes verankert. Die Vereinten Nationen betonten ebenfalls das Menschenrecht auf Asyl. „Jede Person, die angibt, eine begründete Angst vor Verfolgung in ihrem Herkunftsland zu haben, sollte Zugang zu sicherem Territorium haben und diesen Anspruch prüfen lassen, bevor sie abgeschoben oder ausgewiesen wird“, sagte UN-Sprecherin Florencia Soto Nino in New York. Die Bürgerrechtsorganisation ACLU (American Civil Liberties Union) hat bereits angekündigt, Klage einzureichen.
Dagegen fordern die Republikaner eine Rückkehr zu den Plänen Donald Trumps, eine Mauer zwischen den USA und Mexiko zu bauen sowie ein konsequenteres Abschieben, auch von ganzen Familien, und härtere Asylvoraussetzungen. „Dann müssen wir halt auf die Präsidentschaftswahl warten, auf Trumps Wahlsieg hoffen und damit auf die Rückkehr einer Grenzpolitik, die funktioniert hat“, sagte der Abgeordnete Jim Jordan. CNN-Umfragen zufolge hielten 2017 nur 38 Prozent der US-Amerikaner Trumps Mauerbau für eine gute Idee, heute sind es 52 Prozent!