Im Windschatten der bundesweiten Europawahl (siehe Seite 5) wurden in acht von 16 Bundesländern die Kommunalvertretungen neu bestimmt. Mit zum Teil überraschenden Ergebnissen. Im Osten Deutschland wurde die AfD deutlich gestärkt, gewann aber keinen Landratsposten. Im Westen hat vielfach die CDU die Nase vorn, etwa in Baden-Württemberg und im Saarland.
Ein schmerzlicher Verlust trifft die SPD in der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt. Nach 18 Jahren muß Oberbürgermeister Andreas Bausewein sein Dienstzimmer für den CDU-Mann Andreas Horn räumen. Thüringen, Sachsen und Brandenburg stehen besonders im Fokus, da in diesen Ländern im September die Landtage neu bestimmt werden
Ebenfalls in der Stichwahl eroberte die CDU den Oberbürgermeisterposten in Gera. Der FDP-Amtsinhaber in Jena bestimmt weiter die Geschicke der Universitätsstadt. Eisenach wird künftig von der CDU regiert, nachdem die bisherige Amtsinhaberin von der Linkspartei in das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) übergetreten war. Bei den Stichwahlen um Landratsposten ist die AfD leer ausgegangen, vor allem CDU und SPD stellen nun die Landräte.
In zwei Kreisen, im Unstrut-Hainich-Kreis und in Hildburghausen, schafften es erstmals Politiker der Freien Wähler (FW). Bei der Stichwahl in Hildburghausen konnte der vom Landesamt für Verfassungsschutz als „bundesweit bekannter Rechtsextremist“ geführte Tommy Frenck 30 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen. Bisher gibt es im Südthüringer Kreis Sonneberg mit Robert Sesselmann den bundesweit ersten AfD-Landrat. Zu Redaktionsschluß waren noch nicht alle Stimmen ausgezählt.
Boris Palmer wird parteilos Stimmenkönig
In Sachsen ist die AfD vor der CDU in allen Kreisen und Großstädten – außer in Leipzig – auf Platz 1. Bei der Stadtratswahl in der Landeshauptstadt Dresden kam die AfD auf 19,5 Prozent. Dem Parlament werden 15 Parteien angehören. In Chemnitz erhielt die AfD 24,3 Prozent und löst damit die CDU als stärkste Fraktion ab. Das BSW kam aus dem Stand auf 15 Prozent. In Leipzig, einer rot-rot-grünen Hochburg, landete die AfD mit 17 Prozent auf Platz 3, knapp hinter der Linken und der CDU.
In Brandenburg ist die AfD mit 25,7 Prozent erstmals klare Siegerin der Kommunalwahlen. Das ist ein Zuwachs von 9,8 Prozentpunkten gegenüber der letzten Kommunalwahl vor fünf Jahren. Leicht hinzugewonnen (1 Prozent) hat auch die CDU: Sie erhielt 19,3 Prozent im Vergleich zu 2019. Die SPD verliert 1,1 Prozentpunkte und landete bei 16,6 Prozent. Einzig in der Landeshauptstadt Potsdam hatte die SPD die Nase vorn. Auch in Mecklenburg- Vorpommern und Sachsen-Anhalt verdrängte die AfD die CDU von Platz eins.
In Baden-Württemberg fuhren die Grünen Verluste ein. In der Landeshauptstadt Stuttgart liegt laut vorläufigem Ergebnis die CDU mit 23,4 Prozent auf dem ersten Platz. Knapp dahinter kommen die bisher stärkeren Grünen (22,9 Prozent). Die SPD erreicht 11,1 Prozent, die AfD liegt bei 8,3 Prozent. Stärkste Kraft bleiben die Grünen trotz Verlusten in den Universitätsstädten Heidelberg und Freiburg. In Karlsruhe schaffte es die Partei Volt aus dem Stand mit 5,8 Prozent in den Gemeinderat.
In Tübingen machten 33.157 Wähler ihren erfolgsverwöhnten Oberbürgermeister Boris Palmer zum Stimmenkönig. Das bundesweit bekannte Stadtoberhaupt hatte als Parteiloser bei den Kommunalwahlen auf der Liste der Freien Wähler Vereinigung (FWV) für den Kreistag kandidiert. Palmers ehemalige Partei, die Grünen, büßten zwar rund 3,2 Prozentpunkte ein, verteidigten mit knapp 33 Prozent der Stimmen aber ihre Position als stärkste Kraft.
Auch im Saarland lag nach ersten Auszählungen die CDU vorn. Bei der Wahl der Kreistage kam sie auf 34,4 Prozent und landete damit vor den das Land regierenden Sozialdemokraten (29,9 Prozent).
Herbe Verluste für die Grünen auch bei den Bezirkswahlen in Hamburg. Mit 23,6 Prozent im Stadtstaat insgesamt erhielten sie 7,7 Prozentpunkte weniger als 2019. Die AfD freute sich dagegen über Zugewinne. In vier der sieben Bezirke verzeichnete seine Partei ein zweistelliges Ergebnis, teilte der Landesvorsitzende Dirk Nockemann mit. Auch in anderen Bezirksversammlungen könne man nun Fraktionen bilden. Dieses „hervorragende Ergebnis“ verschaffe „Rückenwind für die anstehende Bürgerschaftswahl 2025“.