Nun also doch: Nigel Farage, gerne als „Mr. Brexit“ tituliert, tritt als Kandidat bei den britischen Unterhauswahlen am 4. Juli für die Reform-Partei an.
Bislang galt als Paradoxon, daß Farage einerseits bereits siebenmal als Kandidat angetreten ist – seinerzeit noch für UKIP –, jedoch nie erfolgreich. Gleichwohl aber als Architekt der bedeutendsten britischen außenpolitischen Entscheidung der letzten fünfzig Jahre gelten darf. Mit der Kandidatur in der ostenglischen Küstenstadt Clacton (Grafschaft Essex) will er es noch einmal wissen, und diesmal stehen die Chancen nicht schlecht. Natürlich ist der Wahlkreis gezielt gewählt – siebzig Prozent der Wahlbeteiligten stimmten bei dem Volksentscheid 2016 für den Brexit.
Die Umfragewerte der Konservativen sind landesweit miserabel – und obgleich sich aufgrund des Mehrheitswahlsystems noch einige Verwerfungen ergeben könnten, dürfte „Reform“ von der tiefsitzenden Enttäuschung profitieren. Fast im Alleingang hat Farage das von den meisten Medien gern ignorierte Thema der illegalen Einwanderung stark gemacht. Perspektivisch kann Reform für eine Neuausrichtung der weitgehend entkernten Konservativen sorgen. Hier drängt sich eine Parallele zur überfälligen Ent-Merkelung der CDU auf, die ja auch erst unter Druck von rechts erfolgen wird.
Prof. Dr. Georg Menz lehrt Politikwissenschaften an der Old Dominion University in Virginia, USA.