© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/24 / 07. Juni 2024

Es geht nichts über Anzug, Hemd und Hut
Modisch in den Sommer Teil 2: Zum Start der Herrenmodemesse Pitti Uomo in Florenz
Ludger Bisping

Die Welt trägt europäische Herrenmode, auch wenn woke Spinner Models in geschlechterauflösende Müllsäcke stecken. 1951 startete das italienische Modedesign seinen triumphalen Siegeszug mit der ersten Nachkriegsmodenschau in der Villa Torrigiani in Florenz. Ein Jahr später zog die Modemesse in den Palazzo Pitti um – damals noch mit Klamotten „Made in Italy“ für beide Geschlechter. Der dreistöckige Renaissance-Palast beherbergt nicht nur die Gemäldesammlung der Medici, sondern seit 1972 auch die wichtigste Modemesse für Herren und macht damit Mailand, Rom und Paris Konkurrenz. Allerdings werden die Präsentationen aus Platzgründen heute in größere Gebäude wie die Florentiner Kunsthalle verlegt.

Auf der „Pitti Imagine Uomo“ zeigen alteigesessene Stardesigner neben aufstrebenden Newcomern ihre Kollektionen. Rund eintausend internationale Modelabels hoffen darauf, hier groß rauszukommen. Neben Massen an Influencern, Journalisten, Männermodels und Einkäufern lassen sich zuweilen prominente Gäste blicken, wie vor einiger Zeit noch die 2022 verstorbene Exzentrikerin Vivienne Westwood, deren internationale Karriere 1990 mit ihrem Debüt auf der Pitti begann.

Klassische männliche Entwürfe dominieren

Die Messe findet zweimal jährlich statt: Zu Beginn des Jahres werden die Herbst/Winter-Kollektionen für das kommende Jahr präsentiert; im Juni zeigen die Modemacher die Sommerkollektionen der übernächsten Saison. Die Pitti 106 findet vom 11. bis 14. Juni in der toskanischen Hauptstadt und Heimat der Marke Gucci statt.

Der typische „Pitti-Stil“ verleiht klassischen Maßschneider-Anzügen mit Vintage-Attitüde einen wohldosierten Spritzer Extravaganz, wie durch originelle Accessoires (gesehen wurde beispielsweise schon mal ein Motörhead-Shirt unter dem Nadelstreifenjackett). Während manche Torheiten – wie Sakkos, die eher wie Schlafanzüge aussehen – nur einen kurzen Lacher produzieren, sind viele Kreationen durchaus alltagstauglich. Dabei erweist sich die leichte Eleganz der italienischen Alta Moda als unverwüstlich zeitlos.

Deutsche Modeschöpfer sind in Florenz ebenfalls stark vertreten. So zog das Modekollektiv „Neudeutsch“ auf der Pitti #105 im Januar viel Interesse auf sich. Leider haben die deutschen Vertreter vor allem ideologisch-zeitgeistig Inspiriertes gezeigt wie „genderneutrale Kollektionen“ oder Outfits aus recycelten Textilabfällen, die auch so aussahen.

Natürlich versuchen auch in der Modewelt Transaktivisten die naturgemäße Trennung zwischen Damen- und Herrenmode zu dekonstruieren und zeigen androgyne … nun ja, Verpackungen. Doch finden sich kaum Frauen und Männer, die diese seltsamen identitätslosen Fummel anziehen wollen. „Get woke – go broke“ gilt auch in der Couture. In den Fotostrecken der Modemagazine mit den Top-Impressionen kommen solche Spinnereien jedenfalls kaum vor, hier dominieren die maskulinen Entwürfe, auch solche mit dezenten Anlehnungen an Cowboys oder Seebären.

Doch auch wenn sich die Messemacher mit etwas schrillem Klamauk von Künstlern und durchgedrehten Jungdesignern ein paar bunte Federn an den Hut stecken, auch wenn man unvermeidbar afrikanische Models auf den Laufsteg schickt – nach wie vor dominiert die klassische europäische Herrenmode. Der Mann von westlicher Welt trägt weder Burnus noch Sombrero, sondern Anzug, Hemd und Krawatte. Gerne auch mit Hut oder nostalgischen Anklängen, etwa durch ein Plastron. Die Rückkehr der Gamasche ist sicher auch nur eine Frage der Zeit.

Kultivierter als jeder Schlabber- und Gammel-Look ist ein Herren-Dreiteiler oder Smoking selbst von der Stange allemal. Außerdem strafft ein guter Zwirn die Körperhaltung seines Trägers: Wer in Anzug, Hemd und Weste daherkommt, schlurft nicht wie ein Penner durch die Umwelt.