© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/24 / 07. Juni 2024

Blick in die Medien
„Doxing“ und „DAS Lied“
Henning Hoffgaard, Gil Barkei

Sylt ist plötzlich überall (JF 23/24). Deutschlandweit ploppen nun Orte in der Presse auf, an denen Gigi D’Agostinos Hit „L’Amour Toujours“ gespielt wurde, obwohl sogar ein Verbot des Songs diskutiert wird. Das triggert die Blockwarte, die weiterhin versuchen, die „Gesangstäter“ digital (bloß) zu stellen. Doch das sogenannte Doxing, das Veröffentlichen vertraulicher privater Personeninformationen im Internet, ist nach Paragraph 126a StGB strafbar und wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet. 

Das sollten sich auch deutsche Medien merken. „Ich konnte jedenfalls bei der Bild-Zeitung und beim WDR feststellen, daß die Bilder der Personen unverpixelt gezeigt wurden. Die Bild hat dazu auch noch die Namen der Personen und zahlreiche Details aus deren Leben steckbriefartig veröffentlicht. Die Veröffentlichung der unverpixelten Bilder verletzt rechtswidrig das Recht am Bild der Personen und damit deren allgemeines Persönlichkeitsrecht. Eine solche Hexenjagd auf die Beteiligten durch die Veröffentlichung unverpixelter Bilder ist daher nicht zulässig“, stellt der Medienanwalt Carsten Brennecke gegenüber der JF klar.

Grundsätzlich ist die Verbreitung von privaten Videos, die Gesichter zeigen, unzulässig.

„Grundsätzlich ist die Verbreitung von privaten Videos, die Gesichter der Betroffenen zeigen, unzulässig.“ Ausnahmen sind nur dann erlaubt, „wenn ein ganz besonderes öffentliches Informationsinteresse an einem zeitgeschichtlichen Ereignis besteht und die Interessen der Beteiligten nicht überwiegen. Solche Fälle liegen aber bei derart niederschwelligen Verfehlungen nicht vor. Da muß es schon um dramatische Verfehlungen gehen, wie beispielsweise die Begehung von aufsehenerregenden Kapitalstraftaten.“ Und: Private Accounts, die auch die Sylt-Sänger verbreiteten, „dürfen sogar weniger als Medien“. Da es sich bei der Veröffentlichung auf sozialen Medien laut Brennecke „noch nicht einmal um eine Berichterstattung zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis handelt, sondern um Beiträge, die nur darauf abzielen, die Personen, deren Umfeld und Arbeitgeber unter Druck zu setzen, sind solche Veröffentlichungen schlicht unzulässig“. 

Die betroffenen Personen, deren persönliche Daten veröffentlicht wurden, sollten „sich dagegen mit allen Mitteln des Rechtsstaats, auch mit Strafanzeigen“, wehren.