© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/24 / 31. Mai 2024

Kabinenklatsch
Ist er das Geld wert?
Ronald Berthold

Über Wochen hat sich der FC Bayern mit einer Trainerposse blamiert, die ich nie für möglich gehalten hätte. Alle Wunschkandidaten sagten ab, bis die Klubspitze völlig verzweifelt beim bereits im Februar zum Saison‑­ende gefeuerten Thomas Tuchel nachfragte, ob er nicht doch bleiben mochte. Dessen „Nein“ machte die Nummer für den Vorzeigeverein endgültig zur Peinlichkeit. Nun soll es also der Trainer eines englischen Absteigers richten. Vincent Kompany kommt vom FC Burnley, mit dem er in der vergangenen Premier-League-Saison fünf von 38 Spielen gewann. Wenn man wohlwollend rechnet, ist der Kongo-Belgier der siebte Kandidat, aber der erste, der den Bayern keinen Korb geben wollte. Die Angelegenheit wird teuer. 12,2 Millionen Euro Ablöse zahlen die Münchner, um den früheren HSV-Spieler vom künftigen Zweitligisten loszueisen.

Ist er das Geld wert? Ist es ein Coup? Oder ist es eine Verzweiflungstat der Bayern, um nicht ohne Trainer dazustehen? Hat Kompany genug Autorität, um all die Stars und Diven auf dem Platz zu führen? Ich habe Zweifel, ob das gutgeht. Manchesters Erfolgstrainer Pep Guardiola spricht über den 38jährigen zwar in den höchsten Tönen, und das Wort ihres Ex-Coaches hat bei Bayern immer noch Gewicht. Aber kann das nicht ein vergiftetes Lob sein, um einen Konkurrenten in der Champions League zu schwächen? Jedenfalls ist es ein gewagtes Experiment. Vielleicht schlägt Kompany ja genauso ein wie Xabi Alonso bei Leverkusen. Der hatte vor seinem Meisterstück nur die zweite Mannschaft eines spanischen Erstligisten trainiert. Vielleicht ist es aber auch der Beginn eines Absturzes, den ich auch nie für möglich gehalten hätte.