© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/24 / 31. Mai 2024

Blick in die Medien
Will will nicht anders
Ludger Bisping

Seit Ende 2023 ist Schluß mit der Talkshow „Anne Will“, die seit 2007 im Ersten ausgestrahlt wurde. In Erinnerung geblieben sind davon zwei Sendungen mit Angela Merkel als einzigem Gast, die selbst in der Mainstream-Presse als „betreute Osteransprache in Interviewform“ und „journalistische Kapitulationserklärung“ kritisiert wurden. Zuletzt fiel Will durch Gender-Schluckauf und Wortneuschöpfungen („Mitgliederin“) auf.

Was macht die Moderatorin eigentlich heute? Jetzt hat die 58jährige das Internet entdeckt und vor gut einem Monat ihren eigenen Youtube-Kanal gestartet. Jeden Donnerstag erscheint auf „Politik mit Anne Will“ eine neue rund einstündige Video-Podcast-Folge mit zwei Gesprächspartnern. Als „Bonus“ folgt jeweils noch ein etwa 30minütiger Dialog mit einer der beiden interviewten Personen.

Die Gäste, die Themen und die Gesprächsführung bleiben gleich, nur die Ansprache ist gewollt jung.

Wer vielleicht vermutet hätte, daß die frühere „Lebenspartnerin“ der ehemaligen Staatssekretärin von Ex-SPD-Chef Peer Steinbrück ihr Themenspektrum nun etwas weiter spreizen würde, wird enttäuscht: Will bleibt auch ohne die Zwänge des Staatsfunks weiter im sozialdemokratischen Milieu-Mief. Kein Wunder, daß Kevin Kühnert bereits zweimal zu Gast war, um seine Weltsicht auszurollen. Mit Marco Wanderwitz („Mr. Running Gag“), dem Ostbeauftragten, sucht sie nach dem „Rezept gegen die AfD“ und FDP-Strack-Zimmermann darf Reklame für die EU machen. Und der CDU-Linksausleger Daniel Günther erklärt, warum die CDU mit der Linkspartei koalieren sollte.

Die Kanalinfo trompetet pseudojugendlich: „Jede Woche ein Thema, ein Interview und ein toller Gast zum Einordnen und Erklären. Hier könnt ihr verstehen, worum es wirklich geht. Warum Politik tickt, wie sie tickt. Und ihr könnt auch eine Idee davon bekommen, wie es besser laufen könnte.“ Mit so tollen Gästen wie Hauptstadtstudio-Kollegin Katharina Hamberger und Aminata Touré (Grüne) oder einem Z-Promi von 1Live.

Will macht es so wie immer: Keine Widerrede, kein herausforderndes Festnageln, stattdessen freie Bahn für ideologische Wischiwaschi-Phrasen. Die Zugriffszahlen bleiben denn auch ziemlich bescheiden.