Das Kürzel SCNR steht im Internet-Jargon für den Satz: „Sorry, could not resist“, was ins Deutsche übersetzt soviel heißt wie: „Entschuldigung, aber ich konnte nicht widerstehen“. Zum Einsatz kommt das Akronym zum Beispiel dann, wenn ein Nutzer gegenüber seinem Gegenüber oder der Community in besonders dreister oder pointierter Art auf etwas hinweist oder eine Sache ausspricht, wie es sich so kein anderer zu sagen wagte; obgleich es eigentlich ziemlich eindeutig auf der Hand lag. Fußballer und Humoristen sprechen in einem solchen Fall von einer Steilvorlage oder einem Elfmeter, den man nur noch verwandeln muß. Eine neue US-amerikanische Nachrichtenseite hat sich dieses SCNR gleichermaßen zum Namen wie zu ihrem Auftrag gemacht.
Zur Unterstreichung der Attitüde zitieren die Macher von scnr.com in einem kurzen Text, mit dem sie sich und ihr freies Presse-Netzwerk der Öffentlichkeit vorstellen, den 1982 verstorbenen Chicagoer Science-fiction-Autor Philip K. Dick, der mit dystopischen Romanen wie „Das Orakel vom Berge“ und „Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“ zahlreiche heutige Genre-Filmklassiker von „Matrix“ bis „Blade Runner“ inspirierte. Seine Aussage „Reality is that which, when you stop believing in it, doesn’t go away“, macht deutlich, daß die Realität nicht einfach so verschwinden wird, nur weil man nicht an sie glauben will.
Diesem Kredo folgend beschäftigen sich die auf der Seite publizierten Artikel sowie die dort und auf Youtube veröffentlichten Videos vorwiegend mit Themen, die viele der großen Mainstreammedien lieber totschweigen oder zumindest so zu framen versuchen, daß sie besser in die von ihnen ansonsten verbreiteten Narrative passen. So richten die SCNR-Journalisten ihr Scheinwerferlicht insbesondere in ihren Video-Reportagen immer wieder auf die mitunter düsteren Vorgänge und Zustände an den amerikanischen Universitäten, wo woke Ideologen inzwischen vielerorts ein Klima der Angst und der Einschüchterung geschaffen haben und dabei auch vor Gewalt gegenüber Andersdenkenden und dem Schüren von Haß gegen den jüdischen Staat Israel und offen nach außen getragenen Sympathien für den Terror der islamistischen Hamas nicht mehr zurückschrecken.
Gegenmodell zu Presseprodukten von Milliardären
Eine der aktivsten Persönlichkeiten im Autorenkreis von SCNR ist die Journalistin und politische Aktivistin Cassandra Fairbanks. Die heute 39jährige unterstütze einst den demokratischen US-Präsidentschaftskandidatur-Bewerber Bernie Sanders, bevor sie eine politische Wandlung vollzog, die sie zu einer überzeugten Unterstützerin von Donald Trump werden ließ. Fairbanks, die in der Vergangenheit unter anderem für das russische Staatsmedium Sputnik und den US-amerikanischen Podcaster und Investigativ-Livestreamer Tim Pool gearbeitet hat, besticht durch ihren schier unaufhaltsamen Schreibfluß. Meist steuert sie gleich mehrere Artikel pro Tag zu dem SCNR-Angebot bei. Mit ihren Artikeln deckt die in einer Kleinstadt in Massachusetts aufgewachsene Autorin eine breite Palette von Themen ab. Wenn sie sich nicht gerade mit ihrem Liebling, dem ehemaligen Präsidenten Trump und dessen Kampf um die Rückkehr ins Weiße Haus beschäftigt, schreibt Fairbanks zum Beispiel über die in den USA immer weiter um sich greifende Abtreibungskultur oder den auch in der amerikanischen Öffentlichkeit tobenden Kulturkampf um die Definition der Geschlechter.
Auch die großen etablierten Medien selbst sind immer wieder Teil der kritischen Berichterstattung der alternativen Nachrichtenseite. In einem Artikel läßt die Plattform den bekannten US-Komiker Jerry Seinfeld zu Wort kommen. Der Schauspieler und Drehbuchautor schuf in den späten achtziger Jahren die nach ihm benannte Serie „Seinfeld“, die sich in den Neunzigern zu einer der erfolgreichsten Sitcoms entwickelte, die jemals über die TV-Bildschirme flimmerte – und ihren Schöpfer zu einem der bekanntesten Gesichter der Unterhaltungsindustrie machte. Heute ist der Produzent einer der schärfsten Kritiker der neuen Politischen Korrektheit. Diese habe das Fernsehen inzwischen „ruiniert“. Diesem bescheinigt der Comedy-Experte einen Mangel an komödiantischen Programmen. Verantwortlich für die unlustige Entwicklung macht Seinfeld „die extreme Linke“, politisch korrekten „Mist“ und Leute, die sich die ganze Zeit „so sehr darum sorgen“ würden, ob sie mit dem, was sie sagen oder machen vielleicht irgend jemanden „kränken“ oder ihm auf die Füße treten könnten.
Ein anderer Beitrag auf SCNR beschäftigt sich eingängig mit den Medieninvestitionen des linksaktivistischen Milliardärs George Soros. Der unter anderem für seine extrem migrationsfreundliche Haltung bekannte Investor sei laut einem SCNR-Artikel mit seiner „Open Society Foundation“ gerade dabei, im großen Stil US-amerikanische Radiostationen „einzusammeln“. Darunter auch solche, deren Informationsprogramme bisher eher konservativ ausgerichtet waren.
Das noch relativ junge Meinungsmedium SCNR selbst finanziert sich vorwiegend über die US-Crowdfunding-Plattform „Wefunder“. Ein Onlineservice, der es Start-ups ermöglicht, für ihre Projekte eine möglichst breite Gemeinschaft von individuellen finanziellen Unterstützern zu finden, so daß diese eben nicht zwangsläufig auf einen oder einige wenige Großinvestoren vom Typ Soros angewiesen sind.
Gegenüber klassischen spendenorientierten Diensten oder Social-Payment-Service-Anbietern wie Patreon unterscheidet sich das hinter Wefunder stehende Crowdfunding-Prinzip dadurch, daß die Unterstützer der auf der Plattform vertretenen Unternehmungen nicht einfach nur reine Geldgeber sind, sondern – im Falle des Erfolgs – auch an den Gewinnen des Projektes beteiligt werden.
Förderer und Unterstützer als Miteigentümer
Dahinter steckt die Idee, daß jeder ungeachtet seiner sozialen Herkunft und der Höhe seines eigenen Vermögens in der Lage sein sollte, in eine Firma, an die er glaubt, zu investieren – und so an dem so kreierten neuen Wohlstand zu partizipieren. Dieser sich aus dem amerikanischen Traum ableitende Gedanke scheint sich paßgenau in die klassisch liberale Philosophie der Begründer des freiheitlichen neuen Presseorgans einzufügen. Ihre Eigendefinition, nach der es sich bei SCNR um ein „community-owned news network“, also ein Nachrichten-Netzwerk im Besitz der eigenen Gemeinschaft handele, ist somit weit mehr als nur ein guter Marketingslogan.
Sie könnte vielmehr eine Formel sein, mit der es gelingen kann, die Meinungsherrschaft einiger weniger Milliardäre und großer Medienhäuser über die Weltöffentlichkeit aufzubrechen, um so eine Medienvielfalt zu schaffen, die diese Bezeichnung auch wirklich verdient. Eine, in der sich die einzelnen Medien nicht nur durch ihre zahlreichen unterschiedlichen Namen und Logos, sondern auch tatsächlich durch ihre Inhalte unterscheiden.