© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/24 / 31. Mai 2024

Filmkritik / Adagio – Erbarmungslose Stadt
Unter Gangstern in Rom
Werner Olles

Während in Rom sengend heiße Hitze herrscht, am Rande der Stadt verheerende Waldbrände wüten, die Stromausfälle sich häufen und ein schwarzer Ascheregen sich auf die überfüllten Straßen ergießt, steckt der 16jährige Manuel (Gianmarco Franchini), der zwar kein Engel ist, aber eigentlich nur von einem besseren Leben träumt, in einer Klemme. Er  prostituiert sich gelegentlich aus finanziellen Gründen, doch eines Tages erwischt ihn eine Gruppe Carabinieri unter dem korrupten Vasco (Adriano Giannini) mit Drogen, verhaftet ihn und zwingt ihn unter Drohungen, auf einer Schwulenparty einen hochrangigen Politiker beim Kokainkonsum und Sex mit minderjährigen Jungen zu fotografieren, um ihn damit zu kompromittieren.

Manuel kommt der Erpressung zwar nach, entdeckt jedoch auf der Party versteckte Kameras, bekommt kalte Füße, brennt mit den pikanten Handyfotos durch und taucht erst einmal unter. Sein Vater Daytona (Toni Servillo), der früher ein stadtbekannter Gangster war, rät ihm, sich bei seinen alten Freunden zu verstecken, weil er sonst seines Lebens nicht mehr sicher ist. Romeo (Pierfrancesco Favino), der mit Manuels Vater noch eine alte Rechnung offen hat, nimmt den Jungen, für den er väterliche Gefühle entwickelt, unter seine Fittiche, um ihn vor den Carabinieri zu beschützen, die längst die Jagd nach Manuel eröffnet haben …

Stefano Sollimas Neo-Noir-Thriller „Adagio – Erbarmungslose Stadt“ („Adagio“, Italien 2023) ist der dritte und letzte Teil der Rom-Trilogie des Regisseurs nach der Serie „Romanzo Criminale“ und dem Meisterwerk „Suburra“. Es ist ein fulminanter Abschluß, packend erzählt, die starken Bilder gewähren dem Zuschauer einen unverstellten Blick auf eine Stadt, in der das Organisierte Verbrechen völlig ungeniert mit der Politik paktiert und in der es schon lange keine Gerechtigkeit und keine Moral mehr gibt. Sollima präsentiert dem Publikum einen schnörkellosen Gangster-Thriller, in dem die Geschehnisse langsam, düster und intensiv bis zum bitteren Ende ablaufen.

„Adagio“, auf den 80. Filmfestspielen von Venedig enthusiastisch gefeiert, ist ein knallhartes, apokalyptisches Gangster-Drama mit grandiosen Schauspielern, unter denen Pierfrancesco Favino in der Rolle der Unterweltgröße Romeo und Toni Servillo als Manuels Vater herausragen.


DVD/Blu-ray: Adagio – Erbarmungslose Stadt. Plaion 2024, Laufzeit 122 Minuten