Der Greifswalder Historiker Michael Lissok übertreibt ein wenig, aber die Richtung stimmt: Seit der Hamburger Jahrhundertausstellung von 1974 habe die Publizistik zu Leben und Werk des Landschaftsmalers Caspar David Friedrich (1774–1840) „den Umfang einer stattlichen Bibliothek erreicht“, schreibt er in der aktuellen Ausgabe der Baltischen Studien (109/2023). Trotzdem weise die auf Hochtouren laufende Friedrich-Forschung ausgerechnet dort blinde Flecken auf, wo heimatkundliche Spurensuche in der Geburtsstadt des Künstlers Unbekanntes zur Rezeptionsgeschichte zutage förderte. Denn erstaunlicherweise sei ein bereits 1993 dazu präsentierter, von Lissok nun eingehend kommentierter Fund aus dem Greifwalder Stadtarchiv nie beachtet worden. Es handelt sich um ein Aktenbündel, das 1836 das Konkursverfahren des Handelshauses von Gottfried von Vahl dokumentiert. Unter den fünfzehn aus der Konkursmasse versteigerten Ölbildern befanden sich sechs Werke Friedrichs, deren Schicksal Lissok rekonstruiert. Drei der sechs Bilder wurden vom Greifswalder Kerzenzieher Heinrich Friedrich, dem älteren Bruder, ersteigert: Die berühmten „Lebensstufen“, das nach Zwischenstationen in Stettin und Kiel heute im Pommerschen Landesmuseum hängende „Neubrandenburg im Morgennebel“ und die „Gebirgslandschaft mit Jäger“, das sich im Hamburger Privatbesitz befindet – ein Gemälde, das für die Forschung bis heute unsichtbar geblieben ist. Bezeichnend für die Kontinuität geistig-kultureller Überlieferung sei es, daß die drei Werke von den Nachfahren Heinrich Friedrichs bis ins 20. Jahrhundert hinein als Greifswalder „Bilderschatz“ gehütet wurden. (wm)
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