© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/24 / 31. Mai 2024

„Weg mit dem EU-Speck“
Interview mit Harald Vilimsky: Der seit zehn Jahren im EU-Parlament agierende FPÖ-Politiker über die aufgeblähte EU und deren fehlgeleitete Ukraine- und Migrationspolitik
Curd-Torsten Weick

Sehr geehrter Herr Vilimsky, Sie sind seit zehn Jahren FPÖ-Abgeordneter im EU-Parlament. An welche Ereignisse denken Sie nicht so gern?

Harald Vilimsky: Vor allem die Ausgrenzung auf parlamentarischer Ebene uns gegenüber finde ich mehr als nur bedenklich. Man versucht die patriotischen Kräfte auf allen Ebene zu verhindern, insbesondere von seiten der Europäischen Volkspartei.

Was kann ein einzelner Abgeordneter und eine einzelne Partei wie die FPÖ im EU-Parlament bewegen?

Vilimsky: In der Politik ist man ja grundsätzlich nie Einzelkämpfer, sondern versucht immer im Verbund etwas zu bewegen oder Dinge zu gestalten. Natürlich ist es gerade in einem Parlament, welches 705 Sitze und bald 720 hat, schwierig herauszustechen. Aber ich denke, die FPÖ-Delegation macht hier eine sehr gute oppositionelle Arbeit.

Was meinen Sie, wieviel Prozent der Abgeordneten sind akribische Arbeiter und wieviel verbringen dort lediglich eine entspannte Zeit?

Vilimsky: Wenn es nach der FPÖ ginge, dann könnte man sich die Hälfte der Abgeordneten in diesem Haus sparen. Gerade das EU-Parlament ist ein aufgeblähter bürokratischer Apparat, in dem die administrative Arbeit durch immer mehr Regularien überhandnimmt. 

„EU-Wahnsinn stoppen“ heißt ein Wahlplakat der FPÖ zur Europawahl 2024 am 9. Juni. Was kritisieren Sie?

Vilimsky: Die EU bewegt sich in eine immer schlechtere Situation und in eine immer falschere Richtung. Der Wahnsinn beginnt bei über SMS bestellten Corona-Impfstoffen für 35 Milliarden Euro von Frau von der Leyen bei Pfizer-Chef Bourla, über den „Green Deal“, der den wirtschaftlichen und industriellen Ruin Europas einläutet bis hin zu der Entmündigung der Nationalstaaten. Hinzu kommt, daß die Massen an illegalen Migranten weiterhin die Strände und Grenzen Europas stürmen. Diesem Wahnsinn muß ein Ende bereitet werden. 

Das Plakat geißelt die „Kriegstreiberei“ der EU. Gezeigt wird Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in inniger Umarmung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Wie ist die Haltung zum Ukraine-Krieg und der westlichen Hilfe?

Vilimsky: Österreich ist laut seiner Verfassung ein neutrales Land. Diese Neutralität wird von der EU immer mehr untergraben und besonders jetzt im Ukraine-Krieg immer mehr von den anderen Parteien in Frage gestellt. Wir Freiheitlichen haben diese Neutralität immer geschützt und wollen dies auch weiter tun. Zudem sehen wir die Milliarden an Geldern, die auch für Waffen ausgegeben werden und mit denen Österreich gegen sein Neutralitätsprinzip verstößt, als ein Faß ohne Boden. In Summe wurden von der Europäische Union für die Ukraine knapp 200 Milliarden Euro freigegeben. Für Europas Steuerzahler, die unter hoher Inflation und massiv gestiegenen Energiepreisen leiden, bedeuten diese Zahlungen noch mehr Belastung. Wir sollten das Sterben möglichst schnell beenden und mit sofortigen Friedensverhandlungen beginnen. 

Was sind die Ziele der FPÖ? Wie sollte die EU-Arbeit in Zukunft aussehen?

Vilimsky: Eines der wichtigsten Themen ist für mich der strukturelle Aufbau der EU: Weg mit dem ganzen EU-Speck! Das heißt, EU-Parlament und EU-Kommission zu reduzieren und Kompetenzen zurück in die Nationalstaaten zu schaffen. 

Immer wieder kochen Affären vor Wahlen auf. So auch vor der EU-Wahl. „Die FPÖ steckt im Spionagesumpf fest“, titelte süffisant das Wochenmagazin „Der Spiegel“. Nur ein zeitlicher Zufall?

Vilimsky: Den Sumpf sehe ich eher bei den EU-Eliten und Linken, die sich durch Impfbeschaffungsdeals und mit Geld gefüllten Sporttaschen aus Katar ausgezeichnet haben. Vor der Wahl ist ja das große Schweigen ausgebrochen, und diese Skandale finden in der medialen Berichterstattung nicht mehr statt. Dahingehend halte ich diese Vorwürfe für ein plumpes Ablenkungsmanöver. Die versuchen den patriotischen Kräften aufgrund der sehr guten Umfragen den Schwarzen Peter zuzuschieben.  Vor allem der Katargate-Skandal, in dem sich eine Vizepräsidentin des Hauses und ein Netzwerk sozialistischer Abgeordneter im Korruptionssumpf wiederfanden, hat das aufgezeigt. Auch die Versuche, diesen Skandal unter den Teppich zu kehren und diesen dann mehr oder weniger den Rechtsfraktionen anzukreiden, war allerhand.

Mit welchem Wahlergebnis der EU-Fraktionen rechnen Sie bei der EU-Wahl?

Vilimsky: Man spürt große Panik bei den europäischen Sozialisten aufgrund der wirklich schlechten Umfragewerte. Auch die Liberalen, die unter Macron so gewachsen sind, werden ordentlich Federn lassen müssen und ihr Einfluß wird deutlich sinken. Viele Rechtsparteien in den EU-Staaten erwarten ein großes Plus. Gerade aus diesem Grund wurden die beiden Rechtsfraktionen ID und EKR  mit allen möglichen Mitteln anhand von „Skandalen“ bekämpft.  

In Umfragen liegt die FPÖ bei 29 Prozent und ist stärkste Partei. Wie ist die Stimmung in Österreich?

Vilimsky: Aus meiner persönlichen Erfahrung muß ich sagen, daß der Wahltag die einzig gültige Umfrage ist, der man vertrauen schenken darf. Dennoch glaube ich, daß viele Menschen in Österreich eine Wende wollen und auch auf europapolitischer Ebene sind die Österreicher mit der derzeitigen Politik mehr als nur unzufrieden. 

Sie sind mit der FPÖ in der EU-Parlamentsfraktion Identität und Demokratie, der auch die AfD angehörte. Alle neun AfD-Abgeordneten wurden vergangene Woche aus der Fraktion ausgeschlossen, nachdem Maximilian Krah, Spitzenkandidat der AfD für die EU-Wahl, die Ansicht vertreten hatte, daß ein SS-Mann „nicht automatisch ein Verbrecher“ sei. Neben der estnischen Ekre und der AfD stimmte auch die FPÖ gegen den Ausschluß. „Ich habe nicht dafür gestimmt, alle Deutschen zu bestrafen, weil die gesamte Delegation dem Ausschluß von Krah zugestimmt hat“, erklärte Jaak Madison (Ekre) gegenüber Politico. Die Haltung der FPÖ dazu? 

Vilimsky: Dem ist nichts hinzuzufügen. Es gibt  keine Kollektivhaftung.  

Wird es nach der Wahl wieder zwei rechtskonservative und patriotische Fraktionen im EU-Parlament geben? 

Vilimsky: Es wird auf alle Fälle zwei sehr starke Rechtsfraktionen im Europäischen Parlament geben, die eng miteinander zusammenarbeiten werden. Natürlich würden wir gerne eine große Rechtsfraktion haben. Das Zünglein an der Waage ist Viktor Orbán, der diesen Zusammenschluß ermöglichen kann.