Daß andere Völker ein gesünderes Verhältnis zur eigenen Geschichte und den eigenen Helden haben, ist bekannt. Bemerkenswert wird es, wenn andere Völker die Deutschen mehr lieben als die Deutschen sich selbst.
Otfried Preußler ist dafür ein
Paradebeispiel. Erst vor wenigen Monaten distanzierte sich eine bayerische Schule von jenem Mann, der der Welt unter anderem den „Räuber Hotzenplotz“ und andere Literaturklassiker geschenkt hat. Das „Otfried-Preußler-Gymnasium Pullach“ heißt fortan „Staatliches Gymnasium Pullach“ – weil der 1923 geborene Autor erst Mitglied in der Hitler-Jugend und später in der NSDAP gewesen war. Er selbst hat das nie bestritten und sich zeitlebens davon distanziert. Einen anderen Blick auf ihn hat man in seiner Geburtsstadt Reichenberg im heutigen Tschechien. Dort wird Preußler nun posthum von Oberbürgermeister Jaroslav Zámečník mit einer Ehrenmedaille gewürdigt. „Es ist so etwas wie eine Satisfaktion“, bemerkte Zámečník. Es gebe bestimmt noch mehr Deutsche, die eine Ehrung verdient hätten, betonte er.
Der Verein der Deutschen in Nordböhmen will indes eine Gedenktafel an Preußlers Wohnhaus in Reichenberg errichten. Der bescheidene Jahrhundertautor, der sich stets für die Aussöhnung von Deutschen und Tschechen eingesetzt hat, würde sich wohl darüber freuen. Und manche hiesige Beamte könnten sich Herrn Zámečník zum Vorbild in Sachen Heldengedenken nehmen.