Feindstaat. Mit dem rechtswissenschaftlichen Besteck, das Carl Schmitt vor bald hundert Jahren zur Sektion jener „völkerrechtlichen Formen des modernen Imperialismus“ zur Verfügung stellte, mit denen die USA ihre aggressive Außenpolitik zu ummanteln pflegen, analysiert der Berliner Jurist Werner Mäder die vom russisch-ukrainischen Konflikt geprägte internationale Lage, dessen Eskalation bis hin zum Krieg er wesentlich den USA anlastet. Daß die Bundesrepublik dabei mit Waffenlieferungen, Geld und Logistik inzwischen zum wichtigsten Unterstützer des Selenskyj-Regimes geworden ist, leitet Mäder aus ihrem durch die Wiedervereinigung nicht aufgehobenen Status als „Feindstaat“ ab. Nur ein Friedensvertrag, den es bis heute nicht gibt, würde bewirken, die Feindstaatenklauseln der UN-Charta, unter die als letzter „Feindstaat“ nach Ende des Zweiten Weltkriegs allein noch Deutschland fällt, aus der zu Welt schaffen. Solange das nicht geschieht, befinde sich die Bundesrepublik weiterhin im „Protektoratszustand“ und sei nichts als ein „US-Vasall“. „Auf Geheiß ihres Herren“ sei die Bundesregierung de facto in den Stellvertreterkrieg von USA und Nato gegen Rußland eingetreten. Völkerrechtlich wäre militärische Gewalt jedoch nur dann zulässig, wenn Rußland Deutschland oder die Nato angegriffen hätte. Wenn die Ampelregierung das Völkerecht derart provokant mißachtet, resultiert dies für Mäder nicht nur aus ihrer eingeschränkten Souveränität, sondern daraus, daß die umerzogenen deutschen „Eliten“ nicht mehr die Kraft aufbringen, eigenständig politisch zu handeln. (wm)
Werner Mäder: Feindstaat – Deutschland. Edition Tredition, Berlin, Ahrensburg 2023, gebunden, 218 Seiten, 18,50 Euro
Zwei-plus-Vier. Bereits die Unterzeile verrät, daß Michael Grandt lieber den Zweihänder als das Florett bemüht. Denn beim Zwei-plus-Vier-Vertrag, mit dem die früheren Besatzungsmächte, Bonn und Ost-Berlin die Vereinigung besiegelten, vordergründig „Wortbrüche und Lügen“ zu entlarven, läßt nicht auf die Kraft der leisen Zwischenzeilen deuten. In den Fokus rückt Grandt den Artikel 2 des Vertrages, der Deutschland verpflichtet, „daß vom deutschen Boden nur Frieden ausgehen wird“. Ähnlich wie einige russische Parlamentsabgeordnete, die jüngst sogar von „Kündigung“ des Vertrages von 1990 fabulieren, sieht auch Grandt wegen massiver deutscher Unterstützung der Ukraine durch Waffenlieferung und militärische Ausbildung diesen Passus verletzt. Auch bei „Zusagen“, die Nato nicht auf Osteuropa auszudehnen, nimmt er klar Partei und verurteilt die „Wortbrüche“ des Westens deutlich. (bä)
Michael Grandt: Deutschland und der Zwei-plus-Vier-Vertrag. Hintergründe. Wortbrüche. Lügen. Kopp Verlag, Rottenburg 2024, gebunden, 159 Seiten, 12 Euro