© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/24 / 24. Mai 2024

Untergegangene Waffenbrüder
Ein deutsch-japanisches Rüstungsprojekt endete 1944 auf dem Grund des Atlantiks
Matthias Bäkermann

Als am 30. März 1944 die 51 japanischen U-Bootfahrer unter dem Befehl ihres Kommandanten Kapitänleutnant Norita Sadatoshi in Kiel ausliefen, ahnten sie nicht, daß es dem Feinde leicht fallen würde, den Weg ihres U-Bootes mit der Kennung RO 501 in Richtung Japan aufzuspüren. Schuld daran war, daß den US-Amerikanern zu diesem Zeitpunkt die Dechiffrierung des japanischen Funkverkehrs gelungen war. So lauerte bereits in Höhe der Kapverdischen Inseln ein U-Boot-Jagdgeschwader mit sechs US-Zerstörern auf die Japaner, die sich auf Südkurs Richtung Kap der Guten Hoffnung befanden. Als die US Navy am 13. Mai Sonarortung aufnahm, wurde das U-Boot, an dessen Turm der Kommandant Sadatoshi die japanische und deutsche Seekriegsflagge als Zeichen der Waffenbrüderschaft angebracht hatte, sofort mit den modernen Hedgehog-Granaten bekämpft und versenkt.

Die Nachricht löste bei den deutschen Marinekameraden Trauer und Bestürzung aus. Das U-Boot, das knapp ein Jahr zuvor bei der Deutschen Werft AG vom Stapel lief, hieß nämlich ursprünglich U 1224 und war der 31. U-Bootflottille unterstellt. Die deutsche Seekriegsführung wollte ihrem fernöstlichen Verbündeten mit der Überlassung einiger Modelle die deutsche U-Boot-Kampftaktik schmackhaft machen. Die auf Großkampfschiffen basierende Flotte der Kaiserlichen Marine unter Großadmiral Isoroku Yamamoto nutzte im Pazifikkrieg ihre U-Boote nur als unterstützende Aufklärungseinheiten und wich damit völlig von der effektiven deutschen Rudelkampftaktik ab, mit der diese verstärkt seit 1942 die Alliierten im Nordatlantik auf Trab hielten. 

Vor der Übergabe der U-Boote, die auf höchster Stelle zwischen Berlin und Tokio  arrangiert wurde, bildete die vorherige deutsche Besatzung japanische Marinesoldaten in Bedienung und Taktik aus, woraus sich eine enge kameradschaftliche Verbundenheit entwickelte. Der einstige Maschinenmaat Alfred Stender gehörte zu dieser Mannschaft. Da er ein Gedenken am U-Boot-Ehrenmal in Kiel-Laboe an die Gefallenen der RO 105 vermißte, ließ Stender, der zuvor mit Unterstützung der japanischen Botschaft in Berlin mit den Angehörigen der Gefallenen in Japan Kontakt aufnahm, zum 50. Jahrestag des Untergangs eine Gedenktafel anfertigen. Nach seinem Tod wurde diese auf dem Gelände der Marinekameradschaft Berlin-Köpenick aufgestellt, wo nun zum achtzigsten Jahrestag mit Teilnahme einer japanischen Delegation und Militärattaché Oberst i.G. Naotomo Yamazoe der Toten in einer Feierstunde gedacht wurde. 

Foto: Japanischer Attaché ehrt die Toten: U-Boot auf Heimatkurs versenkt