© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/24 / 24. Mai 2024

GegenAufklärung
Karlheinz weissman

In Mexiko führt die Verbindung von Feminismus und Gender-Ideologie im politischen Bereich zu besonderen Absurditäten. Denn für die Kommunalwahlen müssen die politischen Parteien zur Hälfte Frauen nominieren. Was dazu geführt hat, daß mehrere offenbar männliche Kandidaten der Grünen Umweltpartei Mexikos (PVEM) und der linken Partei der Demokratischen Revolution (PRD) im Bundesstaat San Luis de Potosí als Frauen deklariert werden. Während ein solches Vorgehen 2018 noch verhindert werden konnte und zur Disqualifizierung von mehr als einem Dutzend angeblicher Transsexueller führte, hat das zwischenzeitlich erlassene mexikanische „Selbstbestimmungsgesetz“ diese Möglichkeit zunichte gemacht, die es jedem / jeder / jedes erlaubt, sich als Mann oder Frau zu definieren.

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Vielleicht wäre die sprunghafte Verbreitung von Diversity-Managern aufzuhalten, wenn man die Berufsbezeichnung in „Vielfaltspinsel“ änderte.

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„Das Volk ist die Vernunft. Das Volk will nicht gendern, es will keine Cancel Culture, keine Lastenfahrräder und keine Pseudoskandale um kulturelle Aneignung oder Mikroaggressionen im Universitätsalltag. Es will auch keine unkontrollierte Zuwanderung, keinen eskalierenden Finanzkapitalismus, keine unsinnigen Gesetze aus Brüssel und keinen Krieg mit Putin. Das Volk will anständigen Lohn für anständige Arbeit, gute Schulen, befahrbare Straßen, bezahlbare Energie, angemessene Renten, eine funktionierende Landwirtschaft. Keine Schnickschnack-Politik, sondern ehrliches Einstehen für das nationale Interesse. Weil sich Wohlstand und Sicherheit eben nur national und nicht global organisieren lassen. Da ist das Volk meistens klüger als die Politiker. Weshalb man der Straße wieder eine Stimme geben muß. So Eva.“ (Juli Zeh, Zwischen Welten. Roman)

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Im Hörfunkwerbespot der SPD zur bevorstehenden Europawahl tritt Olaf Scholz auf, der sich als Bundeskanzler präsentiert, der die Verantwortung für „84 Millionen Deutsche“ trage. Man kann die Verwechslung von Bevölkerungszahl auf dem Staatsgebiet und Zahl der Deutschen – etwa 71 Millionen Bürger mit und ohne Migrationshintergrund – für Schlamperei halten, oder für eine Art Freudschen Versprecher, der deutlich macht, daß dem Regierungschef im Grunde gleichgültig ist, wem er sich in seinem Amtseid verpflichtet hat.

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In der jüngsten Ausgabe seiner Online-Zeitschrift L’Afrique Réelle zitiert Bernard Lugan einen schwarzen Journalisten Südafrikas mit dem Satz: „Angesichts des Zerfalls des Landes wird man sich bald dazu entschließen müssen, die Führung des Landes an die Buren zurückzugeben.“ Anlaß ist die besorgniserregende Entwicklung, die nicht nur zu einer exorbitanten Mordrate – etwa 70 Todesopfer pro Tag – und hoher Arbeitslosigkeit – etwa 40 Prozent der Einwohner –, sondern auch dazu geführt hat, daß ein Drittel der Südafrikaner auf Sozialhilfe angewiesen und das Einkommen der ärmsten Bevölkerungsgruppe auf die Hälfte des Niveaus abgesunken ist, die das weiße Regime garantieren konnte. Selbstverständlich argumentiert die Führung nach wie vor damit, daß alle Probleme das Erbe der Apartheid seien. Doch übergab der letzte weiße Präsident 1994 die größte Volkswirtschaft des Kontinents, ein Land mit einer Kommunikations- und Verkehrsinfrastruktur, die der der Industriestaaten ebenbürtig war, einen modernen und florierenden Finanzsektor, eine weitgehende Unabhängigkeit im Energiebereich, eine diversifizierte Produktion und die stärkste Armee Afrikas. Für die Hoffnung, daß sich die Situation nach der Parlamentswahl am 29. Mai ändern werde, sieht Lugan wenig Anlaß. Denn zwischen dem ANC-Führer Cyril Ramaphosa, dem amtierenden Präsidenten, und seinem Vorgänger Jacob Zuma tobt ein weit über die normale politische Konkurrenz hinausgehender Machtkampf. Zuma hatte 2018 nach mehreren Korruptionsskandalen zurücktreten müssen und bereitet jetzt sein Comeback vor, mit dem Versprechen, Rache an denen zu nehmen, die ihn 2018 von der Macht vertrieben haben. Die von ihm gegründete Partei Umkhonto we Sizwe – „Speer der Nation“ hat er nach dem bewaffneten Arm des ANC benannt, der den Untergrundkrieg gegen das alte Regime führte.

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„Unser Plan ist es nicht, Brüssel zu verlassen, sondern es zu übernehmen“ (Viktor Orbán, ungarischer Regierungschef und Vorsitzender der Partei Fidesz)

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Wenn man die Möglichkeit der Erfassung von Begriffstrends im Netz nutzt, stellt man fest, daß „Nie wieder!“ zuerst eine besondere Konjunktur im Zusammenhang der großen Demonstrationen „gegen Rechts“ erlebte, als man die Massen unter der Parole „Nie wieder Faschismus!“ einte. Dann gab es eine gewisse Flaute und einen neuerlichen Anstieg unter Bezug auf den 75. Jahrestag der Verabschiedung des Grundgesetzes. Man halte den Vorgang nicht für harmlos. Hier geht es auch um einen weiteren Versuch, das Grundgesetz im „antifaschistischen“ Sinn zu kapern.

Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 7. Juni in der JF-Ausgabe 24/24.