© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/24 / 24. Mai 2024

Persönliche Haftung auch für Politiker
Haberler-Konferenz in Vaduz: Libertäre Freiheitsfreunde fordern mehr Wettbewerb im Bildungswesen
Hans Ketzer

Internationale Konferenzen gegen Neosozialismus, Zentralismus und Freiheitseinschränkungen sind im Trend: am 16. und 17. April in Brüssel (NatCon-Konferenz) von linken und islamischen Kräften belagert und bedrängt, in Budapest (CPAC Hungary) am 25./26. April in großem Ambiente. Und während an vielen Hochschulen auf beiden Seiten des Atlantiks nicht nur der Antisemitismus grassiert, konnten sich am 17. Mai 120 Libertäre ungestört in der Universität Liechtenstein zur 18. Gottfried-von-Haberler-Konferenz treffen.

Der Name ist dabei Programm. Der 1900 in Purkersdorf bei Wien geborene Ökonom war Schüler von Ludwig von Mises, er lehrte von 1928 bis 1936 in Wien und danach bis 1971 an der Harvard University in Massachusetts. Doch inzwischen geht es nicht mehr nur um Inflation, Staatsverschuldung oder Währungspolitik; im eskalierten „Kulturkampf“ geht es auch um Fragen wie Bildung, Familie, Glaube oder „Gender“.

Am Vorabend stimmte Jan Fleischhauer die Teilnehmer auf das Thema ein. Der Focus-Kolumnist hielt einen launigen Vortrag und verglich die widerspenstigen 68er mit den Klima-Luisas von heute: „Es hat nie eine bravere, angepaßtere Generation von Linken gegeben als die Truppen der Wokeness, die jetzt an den Hochschulen und den Kulturinstitutionen den Ton angeben. Ein falsches Wort, und man ist erledigt.“ Scharf attackierte er das Online-Portal „Berliner Register“, das auffordere: „Melde Diskriminierung und extrem rechte Aktivitäten an uns“. Daß dort Henryk M. Broder angeschwärzt wurde, nachdem er in der Bibliothek des Konservatismus aus seinem Buch „Durchs irre Germanistan“ gelesen hatte, paßt ins Konzept des „Demokratiefördergesetz“ der Ampel, hinter dem sich ein „großes Subventionsverstetigungsinstrument“ für Antifa-Gruppen verberge.

Wissenschaftliche Breitseite gegen die „Follow the Science!“-Parole

Doch das – und auch das ähnliche Bundesprogramm „Demokratie leben“ der Merkel-Zeit – gilt nicht in Vaduz. Und der Konferenztitel „Privatize Education!“ zeigt einen Ausweg auf: „Bildung ist die wohl bedeutendste Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft. Um so wichtiger ist es, daß wir unser heutiges Bildungssystem nicht einfach als gegeben hinnehmen, sondern es kritisch hinterfragen“, erklärte am 17. Mai Prinz Philipp von und zu Liechtenstein vom Veranstalter European Center of Austrian Economics Foundation (ECAEF), das sich für Selbstverantwortung, Unternehmertum, freie Marktwirtschaft und ein sinnvolles Maß an staatlichen Aktivitäten engagiert.

Der durch seine Kritik an den Corona-Maßnahmen bekannt gewordene deutsche Philosoph Michael Esfeld (Uni Lausanne) lieferte dazu eine Breitseite gegen die „Follow the Science!“-Parole: „Wenn jemand diese Forderung erhebt, dann wissen Sie, daß diese Leute von Wissenschaft keine Ahnung haben.“ Es gebe keine Wissenschaft im Singular, Wissenschaft kenne nur Meinungsstreit. Deutschland verspiele seine Zukunftsfähigkeit, wenn es mehr Lehrstühle für „Gender Studies“ schaffe als für Atomphysik. Die staatliche Planwirtschaft setze falsche Anreize und führe unausweichlich zu Korruption und Lobbyismus: der „Staat als Monopolist verdrängt Wettbewerb“, so Esfeld. Gleichzeitig erhob er die Forderung nach dem Haftungsprinzip auch für Politiker-Entscheidungen.

Martin Krause aus Argentinien berichtete nicht nur über das dortige Bildungssystem und mögliche Reformen von Javier Milei, sondern auch über die anhaltenden Widerstände: Die von Zwangsbeiträgen finanzierten Gewerkschaftsführer nutzten ihre jahrzehntealte Macht, um den libertären Präsidenten, der keine parlamentarische Mehrheit hat, auszubremsen. Der anvisierte Wandel gehe jedoch langsam voran, er setze aber eine Stabilisierung der fiskalischen und monetären Lage voraus.

Die Sinologin Claudia Wirz legte ein Bekenntnis ab: „Der liberale Journalist fühlt sich oft einsam.“ Der Genderstern sei der Geßlerhut der Gegenwart. Die Bildungsmisere – inzwischen auch in Österreich und der Schweiz – sei „politisch gewollt.“ Eine große Sozialindustrie profitiere davon und in der reformpädagogischen „Inklusion wird der Traum vom marxistischen Klassenkampf umgesetzt“, so die NZZ-Kolumnistin. Pauline Dixon (Newcastle University) berichtete über erfolgreiche „Low-Cost-Privatschulen“ in Indien. Das sozialdemokratisch geprägte Schweden hat schon 1992 unabhängige Schulen zugelassen – mit positiven Auswirkungen auf die Bildungsqualität, wie Erik Lakomaa (Stockholm School of Economics) erläuterte.


 ecaef.org/conferences/gottfried-von-haberler-conference-2024

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