© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/24 / 24. Mai 2024

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Und ich düse, düse im Sauseschritt
Paul Rosen

Wenn es darum geht, Privilegien abzugreifen und sich Vorteile zu sichern, sind die Vertreter der Ampel-Koalition nicht weit. Sparen in eigener Sache ist ein Fremdwort, und so werden Flüge bei der Flugbereitschaft der Luftwaffe geordert, als gäbe es keine Eisenbahn und keine Linienflüge. Die Antwort auf eine Anfrage der Gruppe Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) im Bundestag weist aus, daß Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Kanzler Olaf Scholz und die Mitglieder des Kabinetts seit Amtsantritt der Ampel-Koalition in insgesamt 1.518 Fällen (Stand Februar 2024) die Flugbereitschaft genutzt haben. Dafür fielen im Jahr 2023 Kosten in Höhe von 91,4 Millionen an. Treibstoffkosten sind darin nicht enthalten, weil diese Kosten der Flugbereitschaft nicht einzeln im Haushalt ausgewiesen werden.

Ein noch mit dem Umzug von Bonn nach Berlin zusammenhängendes Problem erhöht die Kosten und führt zu zusätzlichen Flügen. Die Flugbereitschaft der Luftwaffe ist nach wie vor am Flughafen Köln/Bonn stationiert. Will zum Beispiel Scholz von Berlin nach München fliegen, so muß ein Flugzeug am Rhein starten, nach Berlin fliegen, Scholz einsteigen lassen, nach München fliegen und am Ende des Termins den Kanzler wieder nach Berlin fliegen. Gibt es in Berlin keine Anschlußbestellung, etwa durch den Bundespräsidenten oder Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), fliegt das Flugzeug leer wieder nach Köln/Bonn zurück. Seit Amtsantritt der Ampel summieren sich diese offiziell sogenannten „Bereitstellungsflüge“ auf insgesamt 785 Fälle. Es wäre höchste Zeit, die Flugbereitschaft nach Berlin umziehen zu lassen. Allerdings verzögert sich der Bau entsprechender Einrichtungen am Flughafen BER seit Jahren.

Weniger fliegen oder Linienmaschinen benutzen wäre natürlich eine Alternative, kommt aber für Politiker nicht in Betracht. So hatte Baerbock im vergangenen Jahr erklärt, wenn man auf Reisen auf wichtigen Gesprächen sei, könne man die Unterredung nicht wegen des anstehenden Rückflugs abbrechen. In anderen Ländern geht das sehr wohl. Allein schon ein Flottenvergleich bringt das zum Ausdruck: Während die Luftwaffe 16 Maschinen unterschiedlicher Größe für Prominentenflüge unterhält, verfügt die britische Royal Air Force nur über drei Flugzege mit VIP-Ausstattung für Regierung und Königshaus. Die französische Regierung besitzt einen Airbus und sechs kleinere Geschäftsflugzeuge. Italien hat drei mittelgroße Airbus-Maschinen und drei kleinere Flugzeuge. Die italienische Regierung stellt ihre Maschinen auch dem Vatikan zur Verfügung, damit der Papst nicht mit Linie fliegen muß.

Ein anderer Grund, warum deutsche Regierungsmitglieder so ungern auf Linienflüge umsteigen, auch wenn Baerbock dies früher einmal zugesagt hatte, liegt an den wenigen internationalen Verbindungen des Berliner Flughafens. Wer von der deutschen Hauptstadt etwa eine Reise zu anderen Kontinenten antreten will, muß fast immer umsteigen. Die schlechten Verbindungen zeigen, daß Berlin alles andere als eine Weltstadt ist.