Es stinkt bestialisch, aber die Behörden hoffen, daß Wanderer und Bergsteiger nichts mitbekommen. Haben sie aber trotzdem, und deswegen ist eine tote Hirschkuh zur Touristenattraktion in der Sächsischen Schweiz geworden. Das Tier ist offenbar von einem Felsen abgestürzt und in einem Baum gelandet. Eingeklemmt in eine Astgabel, verendete es. Nationalpark-Mitarbeiter beschlossen nun, den Kadaver nicht zu bergen, sondern „den tragischen Umstand für Forschungszwecke zu nutzen“, so Pressesprecher Hanspeter Mayr in der Bild-Zeitung. Deswegen wurde auch an der Lage der Hirschkuh nichts verändert. Das sei im Interesse eines von der Universität Würzburg geleiteten Forschungsvorhabens „Belassen von Wildtierkadavern in der Landschaft – Erprobung am Beispiel der Nationalparke“ des Bonner Bundesamtes für Naturschutz (BfN). Nur der Nationalpark Müritz macht dabei nicht mit.
Beim Kadaver gibt es eine Falle für Fluginsekten sowie eine aufgehängte Wildkamera.
„Wildtierkadaver sind ein Hotspot für die Artenvielfalt“, erläutert das BfN zu dem noch bis Herbst 2025 laufenden Projekt. In und an toten Tieren würden sich viele Organismen – von Bakterien über Pilze, Insekten, Säugetiere bis hin zu Vögeln – ansiedeln. Da aber im Gegensatz zum Verrotten von Totholz der Gedanke des „Prozeßschutzes“ beim Belassen von Wildtierkadavern in der Landschaft vielfach noch nicht gesellschaftlich anerkannt ist, findet das behutsame Vorgehen der sächsischen Parkranger sogar Beifall. Die haben zudem eine Falle für Fluginsekten sowie eine Wildkamera aufgehängt. So kann festgehalten werden, welche Tiere an der Kadaververwertung beteiligt sind. Für Aasfresser wie Füchse ist die tote Hirschkuh nicht erreichbar, da sie in sieben Metern Höhe hängt. Der Fundort des Kadavers liege abseits der markierten Wanderwege, so daß Besucher nicht belästigt würden. Anderseits sind die Gipfel der Lehnsteigtürme bei Schmilka bei Freizeitkletterern beliebt. Und wer sich die Fundstelle anschaut, sollte abgefallene Tierreste nicht berühren, warnt Nationalpark-Sprecher Mayr.