Boheme. Der überall „erstarkende Autoritarismus“ und selbstredend die „Klimaerwärmung“ scheinen dagegen zu sprechen, sich als Autor einer historischen Fußnote wie der Boheme zu widmen: einer im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sich in den Kneipen und Caféhäusern von Paris, Berlin, München und Wien ausbreitenden Subkultur. Warum heute angesichts „multipler weltpolitischer Krisen“ kostbare Schaffenszeit mit Aussteigern, überwiegend vergessenen Künstlern, Literaten und Journalisten verschwenden, deren Treiben im Begriff Boheme mit egoistischer Verantwortungslosigkeit und eskapistischer Drückebergerei assoziiert wird? Für den Kulturhistoriker Andreas Schwab ist das eine rhetorische Frage, denn die vermeintlich sozial Verantwortungslosen, aus denen sich die intellektuelle „Partyszene“ der Belle Époque rekrutiert, sind für ihn in Wahrheit die Wegbereiter einer „gesellschaftlichen Liberalisierung“, die die „Zumutungen des modernen Lebens“ wie etwa „Pflicht zur Arbeit oder zum Erwerb“ zurückwiesen und damit zur heutigen „Akzeptanz verschiedenster Lebensmodelle bis hin zu den Rechten von Minderheiten“ beigetragen hätten. Jenseits solcher ölig-zeitgeistfrommen Zurichtung seines Themas fördert Schwab einige amüsante Miniaturen über Ehekritik und freie erotische Kultur, die Aufweichung der Geschlechtergrenzen und andere Reize der Nacht um 1900 zutage, die als eine unterhaltsame Lektüre taugen. (wm)
Andreas Schwab: Freiheit, Rausch & Schwarze Katzen. Eine Geschichte der Boheme. C. H. Beck Verlag, München 2024, 297 Seiten, Abbildungen, 28 Euro
Pandemievertrag. Der geplante WHO-Pandemievertrag dient nicht dazu, uns vor einer nächsten zu schützen. In Wahrheit geht es um dauerhafte globale Überwachung unter dem Vorwand des Gesundheitsschutzes. Das ist die These der Medizinrechtlerin Beate Bahner. Die Rechtsanwältin, zugleich Corona-Maßnahmenkritikerin der ersten Stunde, sieht in dem geplanten Vertrag ein Instrument, um staatliche Souveränität zugunsten supranationaler Organisationen abzubauen und bürgerliche Freiheitsrechte einzuschränken. Auf knapp 400 Seiten geht sie der Frage nach, welche Akteure Einfluß auf die WHO nehmen und was das Vertragswerk konkret bedeuten würde. Ihre Einschätzungen fallen düster aus: Notfallzulassungen für Medikamente könnten ebenso zum Normalfall werden wie verpflichtende Gesundheitszertifikate und regelmäßige Zwangsimpfungen, flankiert von Zensurmaßnahmen, die bisher Bekanntes in den Schatten stellen. Damit es nicht so weit kommt, hofft Bahner auf breiten Widerstand in der Bevölkerung. Mit ihrem Buch will sie zur notwendigen Aufklärungsarbeit beitragen. (dh)
Beate Bahner: WHO Pandemievertrag. Der finale Angriff auf Ihre Freiheit. Kopp Verlag, Rottenburg am Neckar 2024, gebunden, 384 Seiten, 22,99 Euro