© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/24 / 17. Mai 2024

Meldungen

Teotihuacán: Erdbeben erschütterten Hochkultur

AMSTERDAM. Eine Gruppe von zehn spanischen und mexikanischen Geologen um Raúl Pérez-López vom Instituto Geológico y Minero de España (IGME) in Madrid hat bei der Untersuchung der Bausubstanz der beiden großen Pyramiden in der prähistorischen Ruinenmetropole Teotihuacán nordöstlich von Mexiko-Stadt Spuren von fünf verheerenden Erdbeben gefunden. Solche sogenannten Megathrust-Erdbeben entstehen bei Verschiebungen kontinentaler Platten und sind zwar selten, aber von extremer Stärke. Die Sonnen- und Mondpyramide in Teotihuacán wurden zwischen etwa 100 und 600 n. Chr. durch wiederholte Erdstöße beschädigt und danach repariert beziehungsweise auch strukturell verstärkt, woraufhin sie allen weiteren Beben der Folgezeit standhielten (Online-Ausgabe des Journal of Archaeological Science: Reports vom 11. April 2024). Dennoch gehen Pérez-López und dessen Kollegen davon aus, daß die Zerstörungen durch die Megathrust-Beben für den bislang unerklärlichen Niedergang von Teotihuacán verantwortlich gewesen seien, weil sie zu einer stufenweisen Destabilisierung der Gesellschaft in der damals alles dominierenden mesoamerikanischen Metropole mit ihren bis zu 200.000 Einwohnern geführt hätten. Diese Kultur kannte keine geschriebene Sprache, deshalb sind Erkenntnisse nur aus der Interpretation von archäologischen Funden ableitbar. (ts)

 www.sciencedirect.com




Klimaaussetzer: Eisberge vor Konstantinopel

LONDON. Bislang gingen Klimahistoriker davon aus, daß es in der Zeit zwischen 700 und 1000 n. Chr. keine größeren Vulkanausbrüche mit nachfolgenden Kälteperioden infolge der Verdunklung der Erdatmosphäre durch freigesetzte Aschewolken gegeben habe. Nun allerdings erbrachte eine große interdisziplinäre Studie von 17 Wissenschaftlern unter Imogen Gabriel vom Oeschger Centre for Climate Change Research in Bern den Beweis des Gegenteils. Wie die Forscher im Fachjournal Communications Earth & Environment (5/2024) berichten, resultierte der extreme Kälteeinbruch im Winter 763/64, in dessen Verlauf weite Teile des Schwarzen Meeres zufroren und schließlich sogar Eisberge vor Konstantinopel auftauchten, ganz offensichtlich aus wiederholten Eruptionen des isländischen Vulkans Katla ab 751. Deren Spuren wurden von Gabriel mittels hochauflösender Schwefelisotopenanalysen und neuer Verfahren zum Aufspüren von mit bloßem Auge nicht sichtbarer Vulkanasche entdeckt. Die bisher von der Forschung übersehene frühmittelalterliche Serie von Eruptionen, für die in jedem Falle Vulkane auf Island verantwortlich zeichneten, dauerte vermutlich bis ins Jahr 940. (ts)

 www.nature.com


Erste Sätze

Es hat selten Politiker gegeben, die Philosophen waren, und diese wenigen, die Platos Forderung erfüllten, waren wie Cicero in der Regel schlechte Politiker.

Kurt Borries, Kant als Politiker. Zur Staats- und Gesellschaftslehre des Kritizismus, Leipzig 1928



Historisches Kalenderblatt

18. Mai 1944: Unmittelbar nach der Rückeroberung der Halbinsel Krim durch die Rote Armee befiehlt Stalin unter dem Vorwurf kollektiver NS-Kollaboration die Massendeportation aller 190.000 Krimtataren in nur wenigen Tagen nach Sibirien, wobei bis zu 40 Prozent umkommen.