© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/24 / 17. Mai 2024

Gegen die Meinungsmache im Dienst der politischen Mehrheit
Kleiner Aufstand

Weil allein die öffentlich-rechtlichen Medien Unabhängigkeit, Ausgewogenheit und Objektivität der Berichterstattung garantierten, sei die Erhebung einer Zwangsgebühr gerechtfertigt, heißt es in zwei fast gleichlautenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Ob sie diesem Anspruch  je gerecht geworden sind, wird offenbar von jenen 84 Prozent der Bundesbürger bezweifelt, die laut einer Insa-Umfrage schon 2022 nicht mehr bereit waren, für die ÖRR-Programme monatlich 18,36 Euro „Demokratieabgabe“ zu entrichten. Jedenfalls könne spätestens seit der Corona-Berichterstattung von Unabhängigkeit nicht mehr die Rede sein. Denn während der Pandemie habe das ARD-System einen Bruch erlebt, wie Thomas Moser feststellt, der seit 1989 als Redakteur für mehrere Sendeanstalten des „Ersten“ tätig ist. Die innere Pressefreiheit und der Pluralismus wurden abgeschafft, um die Berichterstattung regierungskonform gleichzuschalten. Nach diesem Dammbruch sei dann perfektioniert worden, was ein Anfang April von einer Gruppe aktiver ÖRR-Journalisten veröffentlichtes „Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland“ als Krebsschaden auflistet: Anstatt ihrer Kernaufgabe nachzukommen und den Bürgern multiperspektivische Informationen zu bieten, würden „Meinungsmache und Berichterstattung“ auf eine Art und Weise verschwimmen, die den Prinzipien eines seriösen Journalismus widerspreche. Nur selten fänden noch inhaltliche Auseinandersetzungen statt, jeder kritische Ansatz werde unterdrückt und das Meinungsspektrum in den Reaktionen auf die politisch-parlamentarische Mehrheit zugeschnitten (Cicero, 5/2024). (dg)   www.cicero.de