Bei der jüngsten Kommunalwahl in Großbritannien sorgte nicht nur die Rekord-Niederlage der Tories für Schlagzeilen. Im nordenglischen Leeds katapultierte sich ein neuer Stadtrat der britischen Grünen, Mothin Ali, mit einem einzigen Schrei in die landesweiten Medien. „Allah akbar“ – „Gott ist groß“, rief der gebürtige Pakistaner nach seiner Wahl in die Kameras. Er teilte mit, er werde die Stimme für Gaza und Palästina sein.
Mit dichtem Vollbart, langem weißem Kleid, Gebetskappe und Kufiya-Tuch ließ Ali wenig Zweifel an seiner Orientierung. Nach dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober bejubelte der Grüne den „palästinensischen Widerstand“. Einen jüdischen Kaplan beschimpfte der islamische Religionslehrer als „Tier“. Und forderte seine Entlassung, weil er Wehrdienst in den israelischen Streitkräften geleistet hatte.
Trotz Zugewinn erlitt Labour Verluste unter Muslimen
Er ist kein Einzelfall. Sein Parteikollege Abdul Malik hat Israel als „Krebs“ bezeichnet, der „ausradiert“ werden müsse. Nach der Wahl am 2. Mai vertritt er die Grünen im Stadtrat von Bristol im Süden Englands.
Die Debatte über antisemitische Äußerungen einiger ihrer neuen Ratsmitglieder (Councillors) überschattete die Erfolge der Grünen. In den 107 englischen und walisischen Kommunen mit Mehrheitswahlrecht, in denen die Bürger dieses Jahr abstimmen konnten, gewann die Partei 181 Ratssitze. Gegenüber der Abstimmung zuvor erkämpften die Grünen 70 Prozent mehr Wahlkreise. In der Londoner Versammlung, in der ein anderes Wahlsystem herrscht, stagnierten die Grünen. Mit 12,9 Prozent stellen sie jedoch weiter die drittstärkste Kraft, wohingegen die sozialdemokratische Labour leichte Verluste in Kauf nehmen mußte.
Es ist vor allem die Labour, der die Ergebnisse Alpträume bereiten. „Die Grünen verkommen zu einem Abfalleimer, einem Sammelbecken nicht nur für Klimaaktivisten, sondern auch für frustrierte Linksradikale“, bemängelte ihr ehemaliger Minister Peter Mandelson im Gespräch mit dem Talksender Times Radio. Obwohl die Labour Party insgesamt stark zulegte, erlitt sie deutliche Verluste unter den muslimischen Wählern. Rund vier Millionen Muslime leben inzwischen im Königreich, was etwa sieben Prozent der Bevölkerung entspricht. In vielen nordenglischen Städten wie Rochdale und Oldham sowie in Teilen Birminghams und Londons machen sie deutlich mehr als ein Viertel aus. Viele haben lieber Unabhängige und Kleinparteien unterstützt, als der proisraelischen Labour ihre Stimme zu geben.
Damit sitzt der Parteichef und mögliche Premierminister, Keir Starmer, in der Bredouille. Der linke und dezidiert propalästinensische Parteiflügel drängt auf eine Kursänderung. So stellte die Initiative „The Muslim Vote“ (dt.: Stimme der Muslime) 18 Forderungen. Demnach dürfe Labour „kein zionistisches Geld“ mehr annehmen, Muslime sollten überall in Schulen beten dürfen und Menschen mit dem Namen Mohammed sollten „nicht mehr für Versicherungen zahlen“.