Es ist wohl das logische Ende von Angela Merkels politischer Entwicklung. Einst, im Jahr 2010, erklärte sie die multikulturelle Gesellschaft für „gescheitert, absolut gescheitert“, später wurde sie zu einer ihrer eifrigsten Vertreterinnen. Eine Außenseiterin des christdemokratischen Betriebs und von Helmut Kohl auf Spitzenpositionen gesetzt, wandelte sie sich zur unangreifbaren Führungsfigur der Partei. Mit dieser will sie mittlerweile offenbar nicht mehr viel zu tun haben. Von Parteitagen hielt sie sich nach ihrem Politikerruhestand 2021 ebenso fern wie von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Stattdessen begleitete sie am Montag nun ausgerechnet Jürgen Trittin, Grünen-Politiker und ehemaliger Maoist, zu seiner Verabschiedung aus der Politik. „Unsere Fraktionschefinnen Britta Haßelmann, Katharina Dröge und ich wollten ein Signal setzen, daß Demokraten unterschiedlicher Parteien in Deutschland respektvoll miteinander umgehen können“, kommentierte Trittin das Treffen. Launig soll Merkels Rede ausgefallen sein. Obwohl Trittin keine Gelegenheit ausgelassen habe, sie zu kritisieren, bedauere sie es, daß es nach der Bundestagswahl 2013 nicht zu einem schwarz-grünen Bündnis gekommen sei. Dabei war es gerade Trittin gewesen, der damals der Koalition eine Absage erteilte. Notwendig war sie rückblickend ohnehin nicht. Auch ohne grüne Beteiligung etablierte Merkel in den Folgejahren einen zunehmend linksorientierten Kurs und immunisierte sich auf diese Weise nicht zuletzt vor zu harscher Kritik aus dem Lager von Trittin und Konsorten. Der gebührte dafür am Montag noch einmal das letzte Wort. Nach Aussagen mehrerer anwesender Grünen-Politiker soll die Ex-Kanzlerin während ihrer Rede kritische Zitate Trittins über ihre eigene Person vorgelesen haben. Fraktionschefin Katharina Dröge sprach von „einer wirklich lustigen Rede“.