© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/24 / 10. Mai 2024

Frisch gepresst

Goethe & Hacks. „W. Daniel Wilson ist ein selbst für die Verhältnisse eines nord-amerikanischen Germanistikprofessors beachtlicher Idiot.“ So fertigt der Dramatiker und promovierte Germanist Peter Hacks (1928–2003) in den 1990ern einen Berkeley-Professor ab, dessen vulgäres Geschäftsmodell darauf beruhte, Goethe unter dem Beifall des hiesigen linksliberalen Feuilletons als Fürstenknecht, Antisemiten und Verächter der Menschenrechte zu „entlarven“. Für den klarsichtigen Marxisten Hacks zielten solche dem Ungeist der Reeducation gehorchenden Attacken gegen Goethe zugleich auf die Weimarer Klassik  als Zentrum deutscher Identitätsstiftung. Die bissige Abfertigung derartiger Phantastereien des Bürgers eines Landes, das nie aus dem „Kindergartenzustand der Menschheit“ herausgekommen sei und das nichts als den „Weltrückschritt“ repräsentiere, ist einer von fünfzehn Hacks-Essays, die der Kölner Publizist Marlon Grohn unter dem Titel „Die Verteidigung Goethes“ ediert hat. Leider in einer Form, die ihr Verfasser wohl als „Hintertreppen-Edition“ verhöhnt hätte, da Grohn nur auf die fünfzehnbändige Hacks-Gesamtausgabe verweist, aber nichts über die Erstpublikation und ihren jeweiligen Debattenkontext verrät. Dafür entschädigt Grohn den Leser mit einem ausführlichen Nachwort, das die Arbeiten in den Zusammenhang von Hacks’ obsessiver Romantik-Kritik einordnet und sie als Organon zur Kulturpolitik empfiehlt, die ideologisch brauchbare Nichtskönner aus „Subkulturen, Gesinnungsschulen, Splittergruppen“ fördere, um die „allgemeine Verblödung“ systemstabilisierend voranzutreiben. (wm)

Peter Hacks: Die Verteidigung Goethes. Essays zur Klassik. Eulenspiegel Verlag, Berlin 2024, gebunden, 270 Seiten, 20 Euro




Neue Welt. Über ein dutzendmal hat Ludwig Witzani seine Reisen durch verschiedene Weltregionen beschrieben – zweimal davon durch die Vereinigten Staaten. Nun befaßt sich der JF-Autor erneut in zehn Kapiteln mit verschiedensten Facetten der USA. Dabei beschreibt er Lokalgeschichten von Neuengland bis Kalifornien. So finden überlieferte Zeugnisse der Siedler und detailreiche historische Beschreibungen ebenso Platz wie Exkurse zu aktuellen Themen, etwa der Hype um den Christopher Street Day, die Drogenkrise vieler Großstädte oder der politische Kontrast zwischen der woken Westküste zu den alten Frontier-Mentalitäten in Texas oder Montana. Aus seiner langjährigen Faszination für das selbsternannte „Land der Freien“ macht Witzani keinen Hehl: Den Buchtitel entlieh er dem gleichnamigen Werk von 1965 des deutschen Journalisten Alfred Ernst Johann aus. Dieses sei das „mit Abstand dickste Buch“ gewesen, das er als Junge besaß. (kuk)

Ludwig Witzani: Der große Traum Amerika. Reisen durch die Vereinigten Staaten. Epubli Verlag, Berlin 2024, broschiert, 584 Seiten, 24,95 Euro