Im Frühjahr 1934 schlug die anfängliche Hochstimmung in Deutschland nach der nationalsozialistischen Machtergreifung verbreitet in Enttäuschung um: Die Einzelhändler und Kleingewerbetreibenden fühlten sich in ihrem Kampf gegen die Großindustrie und Warenhäuser von der NSDAP verraten, die Bauern monierten die von der Regierung verordnete Zwangswirtschaft, und die Arbeiter waren verärgert darüber, daß viele Parteibonzen demonstrativ in Saus und Braus lebten. Dazu kamen Versorgungslücken, steigende Mieten sowie eine wachsende Zahl von Entlassungen infolge der Absatzschwierigkeiten bei Konsumgütern und Rohstoffmangel, welcher besonders der Exportindustrie schadete. Um dem hierdurch verursachten Stimmungstief entgegenzuwirken, plante die NSDAP-Führung einen Propagandafeldzug, wobei die Initiative hierzu wohl von Hitler persönlich ausging.
Den Startschuß zu der Aktion gab Reichspropagandaminister Joseph Goebbels am 11. Mai 1934 mit einer Rede im Berliner Sportpalast, in der er zunächst vor allem die konservativ-bürgerlichen Kritiker im Lande aufs Korn nahm und gegen „Miesmacher“, „Kritikaster“, „Hetzer“ und „Gerüchtemacher“ polemisierte: „Stemmt euch dagegen, daß sich jedes hergelaufene Subjekt erlauben darf, am Aufbau unserer Bewegung herumzunörgeln!“ Anschließend warnte er aber auch vor Provokateuren innerhalb der Partei, welche eine „zweite Revolution“ in Gang setzen wollten – diese Spitze zielte auf die SA-Führung unter Ernst Röhm, die dann kurz nach dem Ende der Propagandaschlacht ausgeschaltet wurde.
Spitzel- und Denunziantentum überforderte Sicherheitsapparat
Die landesweite Aktion gegen die „Miesmacher“ mit unzähligen weiteren Kundgebungen dauerte bis zum 30. Juni 1934, wobei Goebbels von einem umfassenden Erfolg ausging. So jubilierte er in seinem Tagebuch: „Das war ein schwerer Schlag gegen die Sabotage.“ Tatsächlich jedoch kamen zu den von oben verordneten Zusammenkünften nur relativ wenige „Volksgenossen“. So zählte man beispielsweise in Offenbach lediglich 6.000 statt der erwarteten 15.000 Teilnehmer. Zudem stieß das Ganze auch innerhalb der NSDAP auf Kritik. Der schlesische Gauleiter Helmuth Brückner hielt den Propagandafeldzug für „unnötig und schädlich“, während sein Amtskollege Wilhelm Kube aus der Kurmark beklagte, daß die Aktion nur Unruhe unter der Bevölkerung auslöse. Darüber hinaus verwies der NS-Chefideologe Alfred Rosenberg auf den ungünstigen Eindruck im Ausland. Und auch das Justiz- und Innenministerium des Dritten Reiches sowie das Geheime Staatspolizeiamt äußerten Bedenken, weil sie einen massiven Anstieg des Spitzel- und Denunziantentums befürchteten, der zur Überforderung des Sicherheitsapparates führen könne.
Die negativste Bewertung des Propagandafeldzuges kam allerdings vom Exilvorstand der SPD in Prag (SOPADE). Dieser schrieb in seinem Deutschlandbericht für die Monate Mai/Juni 1934: „Die Aktion gegen die Miesmacher ist als fehlgeschlagen anzusehen. (…) Die Stimmung war überaus flau und nach den Versammlungen gingen die Teilnehmer wie Schafe auseinander. Die Nazis sagen jetzt selber, es wäre doch besser gewesen, keine Versammlungs-Kampagne zu machen, sondern sich nur auf eine Presse-Aktion zu beschränken.“ Dem folgte das vernichtende Fazit, „daß durch diese ganze Miesmacheraktion erst Miesmacher geschaffen“ wurden.
Dennoch verstummten die „Nörgelei“ und „Meckerei“ nach den Morden an der SA-Führung zunächst, was aber nicht von Dauer war. Deshalb kam es am 20. Dezember 1934 zur Verabschiedung des Gesetzes gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniformen, welches nunmehr alle kritischen Meinungen kriminalisierte, die angeblich das Wohl des Reiches, das Ansehen der Reichsregierung oder der NSDAP schädigten, und für „schwere Fälle“ Zuchthausstrafen vorsah. Im Jahre 1937 wurden auf der Grundlage dieses sogenannten Heimtückegesetzes 17.168 Personen wegen ihrer Äußerungen angezeigt, über 7.000 angeklagt und etwa 3.500 verurteilt.