Als ich am Sonnabend in Brandenburg einkaufen ging, sah ich einen Jugendlichen mit einem Trikot von Bayer Leverkusen. Das fiel mir auf, weil es das erste Mal war, daß ich jemanden traf, der sich zum neuen Deutschen Meister bekannte. Hier am südwestlichen Berliner Stadtrand sieht man eigentlich nur Menschen mit Devotionalen von Hertha und (weniger) von Union. Früher, vor 20 bis 30 Jahren, war das anders. Da liefen die meisten Kinder und Jugendlichen in Trikots von Bayern und Dortmund, auch von Real Madrid und Barcelona herum. Mir fiel für die Begeisterung für auswärtige Vereine immer ein Wort ein: Erfolgsfans. Wenn es in der Schule am Montag um die Fußballergebnisse vom Wochenende ging, hatten diese Kinder fast immer gewonnen, während Hertha- und Union-Fans meist verlorene Spiele rechtfertigen mußten. So lebt es sich leichter. Aber auch besser? Zum Leben gehören Siege und Pleiten. Und dafür ist der Sport ein gutes Lehrbuch. Nur, wer über eine Niederlage traurig sein kann, er kann sich auch unbändig freuen, wenn der eigene Klub gewinnt. Das nennt man Leidenschaft. Und das unterscheidet die echten Anhänger von den Erfolgsfans.
Nichts gegen Bayern, die für München sind, oder Westfalen, die es mit der Borussia halten, und natürlich auch nichts gegen Rheinländer, die Leverkusen-Fans sind. So muß es sein. Ich gönne ihnen das Glück, daß ihre Vereine erfolgreich sind. Aber in Berlin-Brandenburg? Da hat man es schwerer, wenn man Fußballfan ist und kein Opportunist sein möchte. Aber das stärkt den Charakter. Auch Mecklenburger, die mit Hansa Rostock oder Dresdner, die mit Dynamo fiebern, sind mir nahe. Ich weiß, was diese Leute durchmachen.