© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/24 / 03. Mai 2024

Bundesregierung will die großen deutschen Stromtrassen übernehmen
Grüne Milliarden für Holland
Jörg Fischer

Wiederaufbau, Wirtschaftswunder und Wohlstand für alle – all das gelang mit einer weitgehend privaten Wirtschaft. Und die konnte sich auf eine in öffentlicher Hand befindliche Infrastruktur verlassen. Denn bei Energie- und Wasserversorgung läßt sich Wettbewerb nur simulieren. Hier können aber Monopolgewinne erzielt werden. Deswegen wurde nicht nur die legendäre „Deutschland AG“ – die Verflechtung der Industrie mit den deutschen Banken – zugunsten meist ausländischer Akteure aufgelöst, sondern auch ein Großteil der Infrastruktur veräußert.

Bei der Telekommunikation führte das zu Wettbewerbspreisen – ansonsten wurde es teurer und schlechter, wie Autobahnraststätten, Bahn und Post täglich beweisen. Bund, Länder und Kommunen freuten sich über die Privatisierungen, denn so kamen Milliarden in ihre Haushalte – aber das Geld war schnell weg, und der Staat verlor an Einfluß. Den will die Politik nun zurück, um die Energiewende radikal fortzusetzen. Das in 150 Jahren gewachsene Stromnetz ist auf den Ersatz verläßlicher Großkraftwerke durch volatile Solar- und Windstromerzeugung mit Gaskraftwerk-Backup nicht ausgelegt. Der Bund hat sich daher schon für Milliarden beim Netzbetreiber 50Hertz Transmission (Haupteigentümer ist die belgische Eurogrid) und der TransnetBW (gehört zur Karlsruher EnBW) eingekauft. Nun soll die Tennet GmbH, der dritte von den vier Netzbetreibern in Deutschland, komplett gekauft werden.

Das Stromnetz in Bayern, Hessen, Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein gehörte bis 2009 dem Essener Eon-Konzern. Auf Anweisung der EU-Kommission mußte es aus „Wettbewerbsgründen“ verkauft werden. So kam das deutsche Teilnetz für nur 1,1 Milliarden Euro zur Tennet Holding. Und die gehört dem niederländischen Staat. Dort weiß man, daß die Energiewende nicht nur für die Ampel, sondern auch für CDU und CSU sakrosankt ist – und die Deutschen fast jeden Preis bezahlen werden. Aktuell wird über 20 Milliarden Euro spekuliert. Das wäre ein Bombengeschäft für unsere holländischen Nachbarn. Aber das ist nicht alles: Der geplante Tennet-Ausbau kostet Steuerzahler und Stromkunden weitere 100 Milliarden Euro. Für die drei anderen Teilnetze sind mindestens 300 Milliarden nötig. Wind und Sonne schicken eben doch eine Rechnung.