© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/24 / 03. Mai 2024

Ländersache Niedersachsen
Landesvater zeigt sich spendabel
Gregor Hierholzer

Man werde „auch in der nächsten Legislaturperiode für eine gute Bezahlung im öffentlichen Dienst“ stehen, hatte die SPD Niedersachsen in ihrem Regierungsprogramm 2022 unter dem Schlagwort einer modernen öffentlichen Verwaltung angekündigt – und es nicht bei leeren Worten belassen. Ministerpräsident Stephan Weil hat das Versprechen in seiner Staatskanzlei auffällig großzügig realisiert – und sieht sich nun mit einem Untersuchungsausschuß konfrontiert.

Hintergrund ist die Gehaltsaffäre um Weils noch recht junge Büroleiterin Aynur Colpan. Die 33jährige Steuerfachangestellte mit zusätzlichem Masterabschluß hat beruflich noch wenig Erfahrung. Trotzdem wollte Weil die attraktive SPD-Parteifreundin, die auch ehrenamtliche Bürgermeisterin ist und einem SPD-Kreisverband vorsteht, in den Spitzen-Beamtentarif B2 heben. Der sieht eine stattliche Besoldung von monatlich rund 9.000 Euro vor. Zudem hielt er einen üppigen außertariflichen Aufschlag von knapp 2.000 Euro für angemessen.

Daß politische Kader in den Ministerien exponiert plaziert werden, ist keineswegs ungewöhnlich, sondern sogar die Regel. Im Finanzministerium wurde die Besoldung allerdings geprüft. Nach Einschätzung einer Beamtin, so hört man aus dem Ministerium, sei aber die konkrete Personalie so gewertet worden, daß B2 „unter keinen denkbaren Umständen“ für Colpan zur Anwendung kommen könne. Dann aber muß der Ministerpräsident in Richtung Finanzministerium Druck ausgeübt haben, wie im politischen Hannover recht offen formuliert wird.

Finanzminister Gerald Heere (Grüne) hat jedenfalls nach Aussagen seines Hauses die Grundsätze dafür am 20. November 2023 angepaßt – zugunsten Colpans. Am Tag darauf stimmte die Landesregierung der opulenten Besoldung von Weils Bürochefin zu. Juristisch allerdings hätte diese Zustimmung auf Grundlage des erst am 1. Dezember in Kraft getretenen Erlasses erfolgen dürfen. Doch das dauerte dem Ministerpräsidenten offenbar zu lange. In einem Interview rechtfertigte Weil sein Handeln bezogen auf seine Bürochefin damit, er sei sich mit dem Finanzminister einig gewesen, „daß der öffentliche Dienst auch an dieser Stelle flexibler werden muß, um wettbewerbsfähig zu sein“.

Die CDU-Fraktion, die den Ausschuß im Landtag durchgesetzt hatte, argumentiert, der Zuschlag sei auf die ohnehin stattliche B2-Besoldung zudem noch rückwirkend erfolgt. Letzteres sei zwar üblich, das aber stets auf einer bestehenden Rechtsgrundlage. Für CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner ist das eine „Beförderung mit der Brechstange“.

Der Untersuchungsausschuß – der bislang letzte wurde vor sieben Jahren einberufen – wird nun mehrere Beamte des Finanzministeriums befragen, um festzustellen, ob und in welcher Weise der Ministerpräsident Druck auf das Finanzministerium ausgeübt hat.

Dem Gremium wird allerdings selbst in der CDU keine große Bedeutung beigemessen. Und auch die AfD würde sich lieber einen Expertenstab zur Aufarbeitung der Lockdown-Politik wünschen, findet dafür aber keine Mehrheit im Parlament.