© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/24 / 03. Mai 2024

FDP-Parteitag
Raffinierte Täuschung
Gerhard Papke

Christian Lindner bleibt der unerreichte Meister politischer Inszenierung in der deutschen Politik. Der gesamte FDP-Bundesparteitag bildete seine Bühne, um die Forderung nach einer „Wirtschaftswende“ ans Wahlvolk zu bringen. Vieles von dem, was die FDP zur Wirtschafts- und Sozialpolitik fordert, ist vernünftig. Ihr Problem ist nur, daß sie gemeinsam mit Grünen und SPD häufig das Gegenteil beschließt, etwa beim „Bürgergeld“, das Nichtstun belohnt und auf Millionen Wirtschaftsmigranten wie ein Magnet wirkt. Genau davon will Lindner ablenken. 

Schon vor, aber auch auf dem Parteitag hat die FDP-Führung keinen Zweifel daran gelassen, daß sie die Ampel-Koalition fortsetzen will und wird. Bezeichnend, daß es von den Grünen keine nennenswerte Kritik gibt. FDP und Grüne haben sich längst arrangiert und planen gemeinsam. Dazu paßt, daß die FDP-Delegierten die Forderung ostdeutscher Landesverbände nach einem Wiedereinstieg in die Kernkraft ablehnten. 

Lindners politische Raffinesse bestand immer darin, nach außen den Eindruck zu erwecken, daß es die alte bürgerlich-marktwirtschaftliche FDP noch gibt, sie aber aus staatspolitischer Verantwortung zur Ampel-Koalition gezwungen war. In Wahrheit hat sich seine Partei den Grünen auch programmatisch viel weiter angenähert. Je mehr Wähler das merken, desto enger wird es für die FDP.


Gerhard Papke war Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen.