Der Lärm stört mich nicht, ausnahmsweise. Es ist ja auch keine der unfreiwilligen Beschallungen, die einem so häufig im Leben zugemutet werden. Ich höre das kräftige Rauschen eines Wildbaches. Der Wanderweg hier im Schwarzwald führt weiter bergan, immer entlang des Gewässers. Als nächstes kommt gleich der Wasserfall.
Noch sind nicht alle Blätter grün, manche Bäume und Sträucher zeigen gerade erst einen hellgrünen Schimmer. Nur ganz wenige Wanderer sind heute nachmittag hier unterwegs, meine gute Laune wird dadurch noch besser. Dazu scheint die Sonne, meistens jedenfalls. Ich freue mich über die mächtigen Bäume und sehe Stämme mit gewaltigem Umfang. Es sind Tannen und Douglasien, aber hier gibt es auch viele Ahornbäume, Linden, Buchen und Ulmen. Fast bereue ich, den Feldstecher mitgeschleppt zu haben. Ich bekomme lediglich zwei flinke Zaunkönige vor die Linse, obwohl ich langsam gehe und häufig stehenbleibe. Aber Wandern und Vögel beobachten paßt nicht so gut zusammen, man braucht viel Zeit und Geduld, um Tiere zu sehen.
Die Leute rufen aus ganz Deutschland an, um bei der Wirtin nachzufragen, ob die Blumen schon blühen.
Jetzt erreiche ich den tosenden Wasserfall, es ist so eindrucksvoll. Man geht anschließend über eine Holzbrücke und kann sich alles nochmal von schräg oben ansehen. Nun kommt das Rhododendron-Tal, überall an den Hängen befinden sich die Sträucher, aber noch ist es nicht soweit. Weiter oben stehen allerdings ein paar von ihnen in der Sonne, und tatsächlich: Hier blühen schon welche. Herrlich sieht das aus.
Bald bin ich an der einsamen Waldgaststätte, die ich seit Jahrzehnten kenne. Hier ist alles wie immer. Die Wirtin erzählt mir, daß sie dauernd angerufen werde aus ganz Deutschland, ob die Rhododendren schon blühen würden. Die ersten Anrufe kämen bereits im Februar.
Als ich weitergehe, sehe ich eine hübsche gelbliche Gebirgsstelze. Aber dann wird es noch schöner, ich kann eine Wasseramsel beobachten, seit Jahren mal wieder. Sie tauchen immer wieder ganz unter, suchen ihre Nahrung unter Wasser. Gerade habe ich mein Fernglas scharfgestellt, da nahen zwei Wanderer, fast möchte ich sie bitten, kurz stehenzubleiben, doch sie sind ganz mit sich selbst beschäftigt. Als sie an mir vorbeigehen, fliegt der Vogel weg.