© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/24 / 26. April 2024

Am Nordpol ist kein „heißer Krieg im kalten Eis“ zu erwarten
Intakte regelbasierte Ordnung

Vielleicht auch, um die Bevölkerungen in den Nato-Staaten „kriegstüchtig“ (Boris Pistorius) zu machen, erscheinen im Wochentakt neue, furchteinflößende Szenarien über Wladimir Putins Expansionsstrategie in Richtung baltische Staaten oder Polen. Ausgehend von der Annahme, daß der Klimawandel den Zugriff auf die Rohstoffressourcen unter dem schwindenden Polareis erleichtere, spekulierten Alarmisten selbst über einen „heißen Krieg im kalten Eis“ rund um den Nordpol, wie die Politologin Jana Windwehr (Halle/FU Berlin) berichtet (Politikum, 6/2023). Dagegen mahnt Windwehr eine realistische Risikoeinschätzung an. Diese sollte berücksichtigen, daß die Rohstoffvorkommen vermutlich übertrieben hoch angesetzt würden und zu achtzig Prozent innerhalb staatlicher Territorialgewässer liegen, mithin kein wirtschaftlicher Druck für einen der Anrainer bestünde, umstrittene Hochseegebiete unter eigene Kontrolle zu bringen. Zudem haben einige seit 2012 gescheiterte Projekte die Unwirtschaftlichkeit der Öl- und Gasförderung im Polarmeer bewiesen. Wahrscheinlicher als ein Rohstoffkonflikt sei daher die Rückwirkung internationaler Spannungen auf die Arktisregion, deren Stabilität bisher auf der Bereitschaft aller Anrainer beruht, sich an eine „regelbasierte Ordnung“ zu halten. (ob)  www.wochenschau-verlag.de