Morten Freidel, der stellvertretende Chefredakteur Deutschland der Neuen Zürcher Zeitung, hat im werktäglichen Newsletter „Der andere Blick“ vom 12. April einen Kommentar zur Entscheidung der Kulturstaatsministerin veröffentlicht, das „Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa“ in „Bundesinstitut für Kultur und Geschichte im östlichen Eu-ropa“ umzubenennen und solchermaßen den Bezug auf die Vertreibung der Deutschen aus ihren angestammten Siedlungsgebieten jenseits von Oder und Neiße zu tilgen. Das ist in der Sache sehr begrüßenswert und von der Tendenz so deutlich, daß man in den hiesigen „Qualitätsmedien“ kaum Vergleichbares finden wird. Trotzdem sei auf zwei Schwachpunkte in Freidels Argumentation hingewiesen. Da ist zum einen die Vorstellung, daß der antideutsche Affekt der Grünen irgendein psychischer „Knacks“ sei, während es sich tatsächlich – was die von Freidel wenig geschätzten „Rechten“ sehr zutreffend festgehalten haben – um systematische, auf Auslöschung unserer nationalen Identität gerichtete Strategien handelt, deren Zielsetzung deutlich über das hinausgeht, was sonst an weißem, westlichem Selbsthaß kursiert. Da ist zum anderen das Bemühen um Rückversicherung durch die Behauptung, daß „das Leid, das deutsche Vertriebene erfahren haben, nicht zu trennen [ist] vom verbrecherischen Überfall der Nationalsozialisten auf Europa. Wer daran erinnert, erinnert immer auch an die nationalsozialistischen Täter und ihre Greueltaten.“ Diese Art der Verknüpfung läuft nicht nur auf die sonst unter moralische Kuratel fallende „Aufrechnung“ hinaus, sie unterstellt auch eine vereinfachte historische Kausalität und stellt letztlich den Vertreiberstaaten – in erster Linie Polen und der Tschechoslowakei – wie ihren Unterstützern – also den Siegermächten, vor allem der Sowjetunion, den USA sowie Großbritannien – einen Persilschein für ein Menschheitsverbrechen aus, das nach heutigen Maßstäben in die Kategorie „Genozid“ fällt.
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Erst jetzt ist eine Liste jener Personen an die Öffentlichkeit gekommen, die nach der Aste Nagusia – dem baskischen Nationalfest in Bilbao, das am 27. August des vergangenen Jahres fast zwei Millionen Besucher angezogen hat – wegen schweren Raubes festgenommen wurden. Es handelt sich um 79 Personen, von denen 75 arabischer Herkunft sind. Angeblich halten die Behörden Daten weiter unter Verschluß, die sich auf sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen beziehen und ein ähnliches Bild bieten.
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Eine Gruppe von Forschern – Kevin Arceneaux, Bert N. Bakker, Neil Fasching, Yphtach Lelkes – hat die Ideological Asymmetry Hypothesis (IAH) scharf und umfassend kritisiert. Wenn Konservative im Vergleich zu Liberalen größeren Widerstand gegen Veränderungen leisten, eine stärkere Neigung zur Aufrechterhaltung bestehender sozialer Systeme haben und eine besondere Sensibilität angesichts von Bedrohungen und Unsicherheit an den Tag legen, könne man das nicht überzeugend aus bestimmten psychischen Dispositionen ableiten. Entsprechende Untersuchungen wiesen regelmäßig methodische Fehler auf und ließen alle Faktoren außer acht, die sich auf die biographische Situation, die Lebenserfahrung, Erziehung und Bildungsgrad bezögen.
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Nur zum Vergleich: Nach einigen Berichten wird vorausgesetzt, daß sich sechzig bis fünfundsiebzig Prozent der französischen Polizisten politisch der Rechten zuordnen.
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Die britische Essayistin Mary Harrington hat – wenngleich ihr Herz einem reaktionären Konservatismus gehört – der traditionellen Rechten den Totenschein ausgestellt (https://unherd.com). Deren Bemühungen, Religion, kulturelle Überlieferung oder ethnische Homogenität zum Ausgangspunkt einer politischen Erneuerung zu machen, seien zum Scheitern verurteilt. Die Zukunft gehöre der „progressiven Rechten“, als deren Avatar sie Nayib Bukele, den Präsidenten El Salvadors betrachtet. Bukele, der Sohn eines palästinensischen Einwanderers, gehörte ursprünglich zur äußersten Linken. Heute ist er mit seinen Positionen kaum noch in das klassische Ordnungsschema der Politik einzuordnen. So galt sein letzter Vorstoß dem Angebot von fünftausend Visa für hochqualifizierte Einwanderer, denen – sollten sie in das lateinamerikanische Land kommen – alle möglichen Privilegien angeboten werden. Von Übernahme der Reisekosten über Steuerbefreiung bis zur bevorzugten Einstellung in ein Arbeitsverhältnis. Das ist allerdings nicht das, was man von einem Politiker erwartet, der gemeinhin als „Faschist“ gilt, weil er die Verfassung seines Landes außer Kraft gesetzt hat, die gleichgeschlechtliche „Ehe“ ablehnt, Abtreibung als „großen Völkermord“ betrachtet und ohne Anklage 80.000 Gang-Mitglieder inhaftieren ließ. Die Bevölkerung, die ihn gerade im Amt bestätigt hat (mit Mißtrauen erweckenden 83 Prozent der Stimmen), interessiert das offenbar wenig. Ihre Unterstützung hat Bukeles Projekt der „wahren Demokratie“ vor allem, weil es ihm gelungen ist, die Mordrate von 18,2 pro 100.000 Einwohner auf 2,4 zu reduzieren, mithin ein Rückgang um mehr als 80 Prozent.
Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 10. Mai in der JF-Ausgabe 20/24.