© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/24 / 26. April 2024

CD-Kritik: Klavierduo Neeb
Geistesfunken
Jens Knorr

Glück für den Klavierlehrer Franz Schubert, seiner angebeteten Schülerin Caroline Esterházy wenigstens in vierhändigem Spiel nahekommen zu dürfen. Glück für den Thomaskantor Bach, endlich ausreichend Kantaten für das Kirchenjahr zusammenkomponiert zu haben, um sich verstärkt weltlicher Instrumentalmusik widmen zu können. Glück für den Militärdienstler Max Reger, ins Elternhaus in die Oberpfalz zurückgeholt worden zu sein. Glück für den Nachwuchskomponisten Rachmaninow, Depression und schöpferische Krise mittels Hypnosebehandlung überwunden zu haben. Und Glück für den Hörer, sich nach dem Debütalbum des Klavierduos Neeb (JF 8/24) auf ein weiteres, auf ähnlich hohem Niveau wie sein Vorgänger erarbeitetes, einzulassen.

Sophie und Vincent Neeb spielen Schuberts Variationen über ein eigenes Thema As-Dur D 813, Bachs Konzert für zwei Cembali c-Moll BWV 1062, Regers Cinq pièces pittoresques op. 34 und Rachmaninows Suite für zwei Klaviere Nr. 2 op. 17 – Kompositionen, die jeweils einen Neubeginn oder vermeintlichen Neubeginn verheißen, wenn nicht gar ein neues Leben. Schubert wird die Syphilis, Reger außer den Funken des Geistes der Geist aus der Flasche, Rachmaninow werden Schreibblockaden zeitlebens begleiten, Bach wird von der Stadt, in der er so wenig gilt, zeitlebens nicht freikommen.

Was in den Noten je gesellschaftlich vermittelt aufscheint, klingt im geschwisterlichen Spiel voller nachpubertärer Hoffnungsfreude nur an. Es klingt schuldlos und schwerlich zu widerlegen.

Sparks of Spirit Klavierduo Neebaudite 2024  www.klavierduo-neeb.com, https://audite.de