Noch am 7. Mai 1945 veröffentlichte der greise Literaturnobelpreisträger Knut Hamsun in der Osloer Aftenpost einen Nachruf auf Adolf Hitler. Darin pries er ihn als „Krieger für die Menschheit und Verkünder des Evangeliums vom Recht Völker“. In diesem Hymnus gipfelte Hamsuns jahrelanger publizistischer Einsatz für das nationalsozialistische Deutschland, wie ihn nicht einmal literarische Kollaborateure des „Faschismus“ vom Format Louis-Ferdinand Célines oder Ezra Pounds vorzuweisen haben. Wie in jedem Lexikon der Weltliteratur zu lesen ist, leidet darunter die Hochschätzung dieser Autoren als „Klassiker der Moderne“ aber kaum. Trotzdem erstaunt, wie die Büchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe nun im Gespräch mit Redakteuren der Zeitschrift für Ideengeschichte (1/2024) über Hamsun und seinen Romanerstling „Hunger“ (1890) urteilt, dessen jüngste Neuübersetzung sie mit einem ausführlichen Nachwort versah. An der „überragenden literarischen Qualität“ dieses aus „nietzscheanischer Zeitstimmung in den einstürzenden Götterhimmel des Fin de Siècle geschleuderten Buches“, das einem James Joyces „Ulysses“ (1922) vorwegnehmenden „furiosen inneren Monolog“ gleiche, könne kein Zweifel bestehen: Hamsun war ein großer Künstler. Zugleich aber, was sich in der Hauptfigur des Romans spiegele, wie Hitler ein „ultragekränkter Kleinbürger“, den eine „Mission des Ressentiments“ antreibe. Woraus Hoppe folgert, politischen Stellungnahmen von noch so genialen Künstlern niemals zu trauen. Das sollte erst recht für jene weniger geniale Kollegen gelten, die heute im aktuellen „Kampf gegen Rechts“-Klamauk Äußerungen beisteuern. (dg) www.chbeck.de/buecher/zeitschriften