© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/24 / 26. April 2024

Joe Biden will US-Zölle auf Stahl und Aluminium aus China verdreifachen
Intensivierter Handelskrieg
Thomas ­Kirchner

Der Handelskrieg nimmt wieder Fahrt auf. Richtig abgeklungen war er nie, denn Joe Biden behielt Donald Trumps Strafzölle weitgehend bei. Die Strafzölle gegen Europa hob der US-Präsident teilweise auf, doch gegen China setzte Biden noch eins drauf. Auch Trumps Sanktionen gegen China behielt er bei. Nun beginnt eine neue Kriegsphase. Denn es ist Wahlkampf, und Biden hat bereits mit dem Mißbrauch der strategischen Ölreserve bewiesen, daß er für die Wiederwahl über Leichen gehen wird. Trump setzt ihn rhetorisch unter Druck, zuletzt mit Worthülsen über 60prozentige Strafzölle gegen China. Deshalb fordert Biden eine Verdreifachung der Zölle gegen China – auch das eine Sprechblase, aber eine clevere, denn „Verdreifachung“ klingt nach härterer Gangart als Trumps „60 Prozent“.

Umgesetzt werden dürfte davon wenig, denn es geht nicht um Zölle, sondern deren Ankündigung. Betroffen wären Aluminium und Stahl, um die wichtige Wählergruppe der Gewerkschaftler zu überzeugen, die in den für die Präsidentschaft wichtigen Staaten Michigan, Ohio und Pennsylvania ausschlaggebend sind. Von dort wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten massenweise Arbeitsplätze nach China verlagert. Protektionismus war bei den Gewerkschaften schon immer beliebt, Anti-China-Rhetorik kommt heute dazu. Auch Finanzministerin Janet Yellen nutzte ihre China-Reise für Wahlkampf: Peking habe industrielle Überkapazitäten geschaffen, die amerikanische Arbeitsplätze bedrohten.

Handelskriege laufen heute mehrgleisig. Neben klassischen Zöllen gehören Subventionen, Sanktionen, Wechselkursmanipulation sowie zunehmend Investitionsbarrieren zum Arsenal. Das Problem dabei: Nur Zölle fallen unter das Regelwerk der Welthandelsorganisation (WTO), das sich aber durch die anderen Instrumente aushebeln läßt. Trump und sein Handelsminister Wilbur Ross wurden ausgelacht, als sie die WTO als Quasselbude abkanzelten, hatten in der Sache aber nicht unrecht. Neben den schon länger gültigen Sanktionen gegen westliche Investitionen in chinesische Staatskonzerne beherrschen zwei Investitionsbarrieren die Schlagzeilen: der sich anbahnende Zwangsverkauf von TikTok (JF 13/24) sowie die Blockade der Übernahme des Pittsburgher Konzerns US Steel durch Japans Nippon Steel.

Bei letzterer herrscht parteiübergreifende Einigkeit, wegen nationaler Sicherheit den Verkauf an die Japaner zu blockieren. In Wahrheit geht es auch hier um die Stimmen der Industriegewerkschaften. Wirtschaftlich ist der US-Stahlkonzern als weltweit Nummer 27 der Branche ein Fliegengewicht, der nur eine Wirtschaftsflaute vom Untergang entfernt ist. Doch politisch kämpft er in der Klasse der Schwergewichte. Nun agieren Biden, Yellen und Trump nicht in einem Vakuum, sondern müssen auf Gegenmaßnahmen gefaßt sein. Über eine Abwertung des chinesischen Renminbi wird seit geraumer Zeit spekuliert,weil der Yen massiv an Wert verloren hat und Japan, als Hauptkonkurrent Chinas auf den Exportmärkten, Marktanteile gewinnt und Investitionen anlockt. Sichtbar ist dies in fallenden Exporten Chinas. Werden die US-Strafzölle erhöht, dürfte die Renminbi-Abwertung eher kommen, als erwartet. Der günstigere Wechselkurs würde die höheren Kosten durch Zölle ausgleichen. Doch dann droht eine Spirale aus Zöllen und Abwertung. Bei einem Handelspartner wie China lassen sich Wechselkurs und Zölle nicht voneinander trennen.