© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/24 / 26. April 2024

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Der Ehrensold bleibt noch stabil
Paul Rosen

Nachdem Christian Wulff 2012 vom Amt des Bundespräsidenten zurückgetreten war, ist es ruhig um ihn geworden. Allenfalls die Boulevard-Presse interessierte sich noch für seine Ehe-Geschichten. 2014 sprach ihn das Landgericht Hannover vom Vorwurf der Vorteilsnahme frei. Auch wenn er einige offizielle Termine übernahm, blieb Wulff für das politische Berlin ein Außenseiter. Sein Name tauchte allenfalls noch auf, wenn es um seine hohen Altersbezüge ging.

Der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) forderte eine Änderung des Gesetzes über die Ruhebezüge von Bundespräsidenten und eine Neufassung mit einem „überzeugenden Zusammenhang zwischen Amtszeit, Lebensalter und Versorgungsanspruch“. Doch weder konnte Lammert etwas erreichen, noch wurde aus ähnlichen Initiativen des Bundesrechnungshofes, der Grünen und der AfD etwas. Der Bundesrechnungshof monierte, daß Lebensalter und Dauer der Amtszeit beim „Ehrensold“ keine Rolle spielen. Das sei im Versorgungsrecht des Bundestages einzigartig. Der „Ehrensold“ beträgt immerhin 240.000 Euro im Jahr. Wulff war im Alter von 50 Jahren Präsident geworden und hatte sich nur zwei Jahre im Amt gehalten. Ein so hoher „Ehrensold“, der der Höhe der Bezüge eines amtierenden Präsidenten entspricht, erschien selbst vielen mit Diäten gut ausgestatteten Abgeordneten als zu hoch.

Die AfD wollte den „Ehrensold“ grundsätzlich halbieren und andere Einkünfte eines Ex-Präsidenten auf den „Ehrensold“ anrechnen. Die Vollalimentierung sei unfair „gegenüber all denjenigen, die nur mit Abschlägen in Rente gehen können; denn in Deutschland erhält niemand im Ruhestand das, was er zuvor erhielt“, hatte der Abgeordneter Stephan Brandner argumentiert. Doch bei den anderen Fraktionen stieß der AfD-Vorstoß auf keine Gegenliebe: Von einer „Denunzierung dieses Amts und der Demokratie“ sprach etwa Helge Lindh (SPD).  

2019 verabredeten die Fraktionen von Union, SPD und FDP im Haushaltsausschuß des Bundestages, eine Reduzierung der Bezüge von Wulff  zu erreichen oder sie erst bei Beginn des gesetzlichen Rentenalters zu zahlen. Doch auch daraus wurde nichts. Mit Bildung der Ampel-Koalition 2021 kam das Thema wieder auf den Tisch. Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP beschlossen eine neue, aber erheblich abgespeckte Initiative, wonach Nebeneinkünfte eines Ex-Bundespräsidenten bis zum Erreichen des Pensionsalters auf den „Ehrensold“ angerechnet werden sollten. Die Gesetzesänderung sollte zum 1. Januar 2025 in Kraft treten und zielte auf Wulff, der offenbar Nebeneinkünfte aus seiner Tätigkeit als Anwalt erzielt. „Daß es dazu nicht kommt, liegt an der FDP, die das Inkrafttreten zum 1. Januar 2025 verhindert hat“, wurde der verärgerte SPD-Abgeordnete Ingo Schäfer in den Medien zitiert.

Wulff muß sich ohnehin nicht mehr lange wegen der Rechtsänderung sorgen: 2026 wird er das Beamten-Pensionsalter erreichen.