© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/24 / 19. April 2024

Kabinenklatsch
Kleinkariert gegen kleine Vereine
Ronald Berthold

Über Bürokratieabbau wird in Deutschland viel geredet, ohne daß irgend etwas passiert. Da macht der DFB keinen Unterschied. Nehmen wir das Beispiel Greifswalder FC. Die Vorpommern haben gute Chancen, in die Dritte Liga aufzusteigen, auch wenn sie vergangenes Wochenende die Regionalliga-Tabellenführung nach einer Niederlage gegen Energie Cottbus an die Lausitzer abgeben mußten. In seinem eigenen Stadion dürfte der Greifswalder FC aber nicht spielen. Denn das Volksstadion – es heißt wirklich so – faßt 4.990 Zuschauer. 5.000 Plätze wären nötig, damit der DFB die Lizenz erteilt. Daher kümmern sich die Norddeutschen derzeit um eine Ausweichstätte und haben das 200 Kilometer entfernte Stadion des VfB Lübeck sowie das Berliner Mommsenstadion (240 Kilometer) als Ausweichspielstätten angegeben. In Greifswald dürfte auf keinen Fall gespielt werden, denn es mangelt auch an den geforderten 2.000 Sitzplätzen. Im Volksstadion stehen nur 1.169 zur Verfügung. Stockt man hier auf, geht wiederum Gesamtkapazität verloren. Ein Teufelskreis, der jede Partie des potentiellen Aufsteigers zu einem Auswärtsspiel machen würde. Die Greifswalder müßten jede Woche weit reisen, um ihren Klub zu unterstützen. 

So macht es der DFB kleinen Vereinen unmöglich, ihre sportlich hart erarbeiteten Erfolge auch zu genießen. Ich verstehe das nicht. Was soll das? Was macht es für einen Unterschied, ob 831 Zuschauer stehen statt sitzen? Der Charme des Fußballs lag einmal darin, daß jedes Stadion anders war. Jetzt, da der DFB unaufhörlich seine „Vielfalt“-Doktrin anpreist, muß alles einheitlich sein. Einem Verein das Stadion zu nehmen ist nicht nur bürokratisch, sondern auch herzlos.